Börsianer Grün Logo Text
Börsianer Grün Logo Icon
Taxonomie Atomkraft Erdgas EU Nachhaltig
www.picturedesk.com
Von Julia Kistner
EU-Taxonomie: Eine Frage der Farbe
Der Fahrplan der EU-Taxonomie steht und offenbart Stärken und Schwächen des europäischen Marktes. Bei den grünen Klassifikationen von Finanzprodukten gibt es wegen verschiedener Interessen reichlich Diskussionsbedarf.
November 2021
Vor acht Jahren hat der Österreicher die Leitung der Social Responsible Investments in der Raiffeisen KAG übernommen, seit 15 Jahren ist er Vorstandsmitglied des Forums Nachhaltiger Geldanlage. Für die physische und psychische Gesundheit praktiziert der Vater zweier Töchter Yoga oder nimmt an Triathlons teil.
Der Banker ist Gründer und Mitglied des Vorstandes der Greiff Capital Management AG. Er bezeichnet sich selbst als Magier der Märkte sowie als Wein- und Whisky-Liebhaber

Bis Ende des Jahrhunderts wollen die Unterzeichner des Pariser Klimaabkommens den Anstieg der Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Nur Ziele allein reduzieren noch kein CO2. Dazu braucht es die Real- sowie die Finanzwirtschaft. „Ohne Umleitung privater Kapitalströme in Richtung Nachhaltigkeit werden der umfassende Wandel der EU-Wirtschaft und Gesellschaft und die Erreichung der Ziele 2050 nicht möglich sein“, fasst es Jacco Minnaar, Vorstandsvorsitzender der deutschen Triodos Asset Management, im Gespräch mit dem Börsianer Grün zusammen.

Und hierfür ist der EU-Aktionsplan eine wesentliche Stütze. Den Startschuss machte die EU-Offenlegungsverordnung, die seit 10. März 2021 gilt. Sie schreibt großen Unternehmen, Investmentgesellschaften und dem Finanzvertrieb vor, dass sie darlegen müssen, wie sie das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen, im Portfolio-Management und in ihrer Beratung umsetzen.

climate fact

Climate Fact

Was sagen der EU-Aktionsplan und die Taxonomie?

Klima Fakt

Der EU-Aktionsplan soll Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen lenken und auch bei Unternehmen die Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen fördern. Er hat drei Säulen: die Taxo­nomie, die Transparenzverordnung und die nachhaltige Berichtspflicht für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern inklusive entsprechender Prüfungspflicht ab dem Geschäftsjahr 2023.
Die EU-Taxonomie, die Nachhaltigkeitsklassen einführt, ist Teil der Offenlegungsverordnung oder Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR, die mit 10. März 2021 in Kraft getreten ist. Sie schreibt vor, dass 2021 über die Verfolgung folgender sechs Umweltziele berichtet werden muss und Finanzprodukte entsprechend klassifiziert werden müssen. Soziale und Governance-Kriterien sollen bis Ende 2021 vorgeschlagen und bis Ende 2022 angewendet werden. So lautet der EU-Plan, dessen ambitionierter Zeitplan aber angezweifelt wird.

Die in der Verordnung enthaltene EU-Taxonomie, die Nachhaltigkeit klassifiziert, ist noch nicht zu Ende gedacht. „Bis dato wurden die ersten beiden Taxonomieziele Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel erarbeitet“, präzisiert Wolfgang Pinner, Leiter Nachhaltige Investments der Raiffeisen KAG in Wien, „die restlichen vier Umweltziele sollen im Laufe des Jahres 2023 folgen. Allerdings werden heuer noch weitere Anhänge zu den ersten beiden Zielen veröffentlicht, die sich mit Atomenergie und Erdgas auseinandersetzen. Und nach den sechs Umweltzielen wird gerade auf EU-Ebene eine soziale Taxonomie erarbeitet. Mit ersten Entwürfen ist nicht vor dem dritten Quartal 2021 zu rechnen.“

Newsletter

newsletter

börsianer grün briefing

Werde mit unserem exklusiven Climate-Action-Briefing (14-tägig) zum Sustainability-Leader. Nicht morgen, sondern jetzt!








Newsletter

newsletter

börsianer grün briefing

Werde mit unserem exklusiven Climate-Action-Briefing (14-tägig) zum Sustainability-Leader. Nicht morgen, sondern jetzt!








Andrea Sternisko von PWC sieht im EU-Aktionsplan eine gute Ergänzung zu den siebzehn Sustainable-Development-Zielen der Vereinten Nationen: „Die SDGs geben die Richtung vor, was auf globaler Ebene erreicht werden soll, die EU-Taxonomie macht den Beitrag einzelner Unternehmen messbar und erleichtert es den EU-Mitgliedsstaaten, ihre Erfolge sichtbar zu machen.“

Die EU-Taxonomie dient auch als Basis für jährliche Nachhaltigkeitsberichte, die für Unternehmen ab 250 Mitarbeiten verpflichtend werden, sagt Andrea Sternisko: „Ab dem Geschäftsjahr 2022 sind sämtliche Wirtschaftsaktivitäten, Portfolios, Kredite und Investitionen auf ihre Taxonomie-Konformität zu überprüfen und die entsprechenden Daten zu Umsatz, Investitionen und gegebenenfalls operativen Betriebsausgaben für einzelne Portfolios und für das gesamte Unternehmen zu ermitteln. Viele Marktteilnehmer befürchten aufgrund des Aufwands, den knappen Zeitplan nicht einhalten zu können.“

quote

zitat

„Der Fondsmarkt ist bei weitem noch nicht so grün. Ich halte es für einen großen Fehler vieler Fondsanbieter, die neuen EU-Regularien als zusätzliche Compliance-Kosten statt als Wachstumschance zu betrachten.“

quote

Jacco Minnaar

Grüne Fehlallokation vermeiden

„Für die Kunden hat die neue Taxonomie bereits jetzt positive Effekte“, sagt Volker Schilling, Vorstand der deutschen Greiff Capital Management AG, „mit der Eingruppierung eines jeden Fonds nach Artikel 8, 9 oder 6 kann jeder Investor im Prospekt erkennen, ob der Fonds nachhaltig agiert, sich sogar engagiert oder darauf verzichtet.“

Seit dem 10. März 2021 muss man seine Produkte entsprechend in „hellgrüne“, „dunkelgrüne“ und „graue“ Fonds einordnen. „Der Fondsmarkt als Ganzes ist bei weitem noch nicht so grün. Ich halte es für einen großen Fehler vieler Fondsanbieter, die neuen EU-Regularien als zusätzliche Compliance-Kosten statt als Wachstumschance zu betrachten“, sagt Jacco Minnaar der aber auch überzeugt ist, dass die EU-Taxonomie Greenwashing erschwert. Nur grün denken macht aber auch Probleme.

„Wenn die Politik darauf abzielt, die Kapitalströme nur noch in saubere Unternehmen zu leiten, kann das entweder zu Fehlallokationen führen, oder man verzichtet auf einen wesentlichen Treiber der Nachhaltigkeit: die Veränderung bei den ganz besonders ,dreckigen‘ Unternehmen. Es braucht neben der EU-Taxonomie auch monetäre Anreize für besseres Verhalten und monetäre Nachteile für Umweltsünder“, sagt Volker Schilling. (von Julia Kistner, Börsianer Grün Magazin, hier zur langen Version)

Meine Grüne Rendite

heading gruene rendite

Die EU-Taxonomie soll helfen, das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen, Portfolio-Management und der Beratung dingfest zu machen. Die bereits veröffentlichten Verordnungen betreffen aber nur Teile des Klimaschutzes, Fonds können mithilfe der Offenlegungsverordnung grob klassifiziert werden. Zu Ende gedacht ist die Taxonomie aber noch lange nicht.

meine gruene rendite

linie

printmagazin

Das Börsianer Grün-Magazin

Der Börsianer Grün ist das Leitmedium für Nachhaltigkeit in der D-A-CH-Region und soll allen Topentscheidern aus Wirtschaft, Finanz und Politik Orientierung geben.

Über den Autor

Die Börsianer Grün Redaktion

Ähnliche Artikel