Aktionärsaktivismus hat Hochkonjunktur. Impact-Investoren, vorwiegend Fondsgesellschaften und Pensionskassen, verfolgen dabei nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Ziele. „Man macht an drei Fronten Druck“, berichtet Rocchino Contangelo, Head of Research und ESG-Verantwortlicher von Swisscanto, „auf Hauptversammlungen, aber auch durch Engagement, also durch direkte Dialoge mit den Unternehmen und natürlich durch die Auswahl der Investments nach nachhaltigen Kriterien. Denn wir stellen fest, dass nachhaltig agierende Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher sind.“
CO2-Schleuder Lafarge Holcim
Als Best-Practice-Beispiel, wo sich Engagement bezahlt gemacht habe, nennt Contangelo den Schweizer Baustoffkonzern Lafarge Holcim: „Er hat sich aufgrund unserer Gespräche dem Ziel verschrieben, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 2018 um 21 Prozent pro Tonne zementartiger Baustoffe zu reduzieren. Bis 2050 hat der Konzern ein Bekenntnis zum Netto-Null-Ziel abgelegt. Das ist sehr ambitioniert, zumal Lafarge Holcim nach unseren Modellrechnungen im Jahr 2019 rund 129 Millionen Tonnen CO2-Äqivalent emittierte. Das entspricht etwa 81 Prozent des CO2-Ausstoßes von in der Schweiz domizilierten Gesellschaften. Jetzt will man die erste Netto-Null-Zementfabrik in Betrieb nehmen.“
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Nestle nicht investierbar
„Nestle sowie Siemens Gamesa sind aufgrund der Versäumnisse für unsere ethisch-nachhaltigen Fonds in der Erste Asset Management nicht investierbar“, betont Walter Hatak, Head of Responsible Investments bei der österreichischen Erste Asset Management (EAM), „bei Nestle fokussieren wir uns auf die Vermeidung des Einsatzes von Kinderarbeit in der Kakaoernte und sehen auch Fortschritte. Dennoch bleibt Kinderarbeit in der Lieferkette in Afrika ein Problem.“
Climate Fact
Wer legt beim Investieren am meisten Wert auf Nachhaltigkeit?
Wenn Unternehmen nicht einlenken
Und was, wenn Unternehmen nicht einlenken? „Dann ziehen die Investoren den Vorstand für mangelhafte Aufsicht oder Risikofehler in die Verantwortung“, sagt Lisa Harlow, Head of Investment Stewardship bei Vanguard Europa aus der Praxis, „für Unternehmen, die nicht auf die Engagement-Aktivitäten eingehen, entsteht insgesamt ein erhöhtes Reputationsrisiko. Es können auch höhere Kosten entstehen, wenn Banken oder Versicherer angesichts des wachsenden Drucks, ihre eigenen Klimaziele zu erreichen, bestimmten Unternehmen in Zukunft weniger Darlehen geben oder höhere Zinsen verlangen.“
Lenzing wieder investierbar
Kurzfristig nicht investierbar war die österreichische Lenzing AG. Anfang März 2021 stand bei ihrer Beteiligung an der Hygiene Austria Betrug und Schwarzarbeit im Raum. Der Faserstoffhersteller wurde aus dem investierbaren Universum bei den ethisch-nachhaltigen Fonds der EAM exkludiert. „Diese Entscheidung wurde sehr bedauert, da Lenzing für die EAM in Sachen ESG immer als Paradeunternehmen galt“, meint Walter Hatak. Die Lenzing AG habe bei der Hygiene Austria einige personelle Veränderungen vorgenommen und das Beteiligungsmanagement neu organisiert. „Die Ausschlusskriterien fallen nun weg. Das Unternehmen wird für uns jetzt wieder investierbar“, sagt Hatak.
Zahlen & Fakten
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Nachhaltig sinnvolles Reporting
Was Impact-Investoren ganz genau lesen, sind die jährlichen Nachhaltigkeitsberichte, die in Finanzberichte integriert, oder als eigener Bericht beigelegt sind. Was drinnen stehen muss, wird im Wesentlichen von der Global Reporting Initiative (GRI) oder den Sustainable Development Goals (SDGs) geregelt. Wie transparent und lesbar Nachhaltigkeitsberichte börsennotierter Unternehmen sind, hat sich der Global ESG Monitor angesehen, ein Projekt der IR-Agentur Cometis AG und der Kohorten Sozial- und Wirtschaftsforschung. Insgesamt wurden 185 Nachhaltigkeitsberichte von 140 Unternehmen aus drei Kontinenten analysiert. Unter den Musterschülern finden sich sehr viele europäische Unternehmen. „Was inhaltlich oft noch zu kurz kommt, ist der Stakeholder-Dialog“, bedauert Ariane Hofstetter vom Forschungsinstitut Kohorten. Zwar informieren mehr als die Hälfte aller Berichte darüber, dass ein solcher Dialog stattgefunden hat, über die wesentlichen Erkenntnisse aus diesem Dialog schweigen die Berichte aber oft.“ (von Julia Kistner, Börsianer Grün Magazin, hier zur langen Version)
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