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COP 26 Klimakonferenz
Robert Michael /dpa / picturedesk.com
Von Antonia Hotter
Alles nur Blabla? Das bleibt vom Klimagipfel
Ausstieg oder Abbau? Fossile Energieträger sorgten beim Klimagipfel in Glasgow für Furore – was von den Verhandlungen bleibt, welchen Standpunkt die Öl-Industrie vertritt und wie der deutsche Koalitionsvertrag an die Cop26 anknüpft.
Dezember 2021
An der ETH Zürich ist Reto Knutti Professor für Klimaphysik. Reuters hat ihn auf die Liste der einflussreichsten Klimaforscher der Welt gesetzt. Schweizer Entscheidungsträger lassen sich von Reto Knutti Klimaszenarien erstellen. Er übersetzt Wissenschaft in die Praxis, stellt Fakten in einen Kontext. Der Klimaphysiker liebt Zugfahren. Seine Investment-Strategie beschränkt sich auf ein Sparkonto und ein Haus.
Die studierte Sozialwissenschaftlerin verschwindet zum Ausgleich schon einmal ohne Handy und mit Rucksack in die Natur. Als Vorständin der Hannoverschen Kassen ist sie für Kapitalanlage, Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeit verantwortlich. Ihre Expertise bringt sie im Sustainable Finance Beirat der deutschen Bundesregierung und im Aufsichtsrat der Umweltbank AG ein.

Alles nur Blabla? Das bleibt vom Klimagipfel





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Jede Zeit hat ihre eigene Stimmung und charakteristischen Bilder. Mit Tränen in den Augen stellte Alok Sharma, Präsident der Klimakonferenz Cop26 deren Schlussdokument vor. Dieses Bild bleibt von den fast zweiwöchigen Verhandlungen in Glasgow. Grund für Sharmas Niedergeschlagenheit waren kurzfristige Änderungen im Schlussdokument: Der Kohleausstieg wurde gestrichen. Die Rede ist jetzt vom „Abbau“ der Kohleverbrennung. Es sollen nicht mehr alle Subventionen fossiler Energieträger abgeschafft werden, sondern nur mehr „ineffiziente“. Für die Abschwächung setzten sich besonders Indien und China ein. Sharma sagte, es tue ihm zutiefst leid, wie die Verhandlungen endeten.

Trotz der abgeschwächten Formulierungen bleibt für den Schweizer Klimaforscher Reto Knutti ein kleiner Erfolg: Zum ersten Mal in der Geschichte der 26 Klimakonferenzen wurde in einem Schlussdokument erwähnt, dass bei fossilen Energieträgern Handlungsbedarf besteht. „Man sieht, die Länder möchten, aber sie können sich nicht wirklich aufraffen“, sagte Knutti im Gespräch mit dem Börsianer Grün. Langfristig würden sich Staaten ambitionierte Ziele setzen, aber es fehlten kurzfristige Maßnahmen. Knutti vergleicht: „Das ist so ähnlich, wie wenn meine Tochter sagt, sie will ihr Zimmer aufräumen. Aber nicht heute und nicht morgen, sondern nächstes Jahr. Dann weiß man ungefähr, was dabei rauskommt.“

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Weltmeister in der Selbstbeschränkung

„Mehr Verhältnismäßigkeit“ in der Debatte wünscht sich Gerald Grohmann. Er ist Vorstandschef der in Wien börsennotierten Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG (SBO), einem Ölfeldausrüster. „Europa ist Weltmeister in der Selbstbeschränkung und verliert dadurch global an Wettbewerbsfähigkeit“, moniert er gegenüber dem Börsianer Grün.

Grohmann fordert Kontext: „Wir können die Emissionen in der EU zwar eigenständig reduzieren. Das kostet aber viel Geld und bringt global nicht viel, denn nur 8 Prozent der CO2-Emissionen kommen aus der EU. Jede Wirtschaftsregion muss ihren Beitrag leisten, aber gerade im Vergleich zu großen Emittenten wie China und den USA sollten wir auf die Größe des Hebels achten.“

Grohmanns Vorschlag: Alle Kohlekraftwerke auf Erdgas umstellen. Das hätte den größten Effekt und koste im Vergleich zu anderen Umweltinvestionen und Förderungen überschaubar viel Geld: „Mit einem Schlag könnte man so ein Drittel der globalen CO2-Emissionen einsparen. Das wären die großen, wichtigen Dinge.“

climate fact

Climate Fact

Woher kommen CO2-Emissionen?

Klima Fakt

Der überwiegende Teil des CO2-Ausstoßes wird durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt. Global gesehen gehen 40 Prozent der CO2-Emissionen auf Kohle zurück, 32 Prozent auf Öl. Gas ist für 21 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Einen kleinen Teil machen auch Industrieprozesse aus. So hat die Herstellung von Zement einen Anteil von rund 4 Prozent an den globalen CO2-Emissionen.

Klimapolitik ist Länderpolitik

Das Rezept für eine Begrenzung der Erderwärmung ist für Reto Knutti klar: Weg von Öl, Gas und Kohle. Der Ball liege bei den einzelnen Staaten, denn: „Am Schluss ist Klimapolitik immer noch Länderpolitik.“ Staaten können auch über die Ländergrenzen hinweg Einfluss haben. Hier kommt der Finanzmarkt ins Spiel, der global vernetzt ist: „Wenn sich am Schweizer Finanzmarkt etwas bewegt, können wir nicht nur in unserem Land mit einem Promille der Weltbevölkerung etwas bewegen, sondern viel mehr.“ Finanzmärkte reagieren schnell: „Wenn der Aktienmarkt sagt: Kohle lohnt sich nicht mehr und Leute beginnen, aus der Kohle auszusteigen, kann es dort innerhalb weniger Jahre kein Geld mehr geben“, skizziert Knutti.

Dass sich Investoren von der SBO abwenden, erwartet Grohmann nicht. Er rechnet damit, dass Öl und Gas noch einige Jahrzehnte unersetzlich bleiben – „Erdgas ist eine wichtige Brückenressource im Klimaschutz“, sagt der SBO-Chef. Dennoch setzt er auf Geschäftsmodelle außerhalb von Öl und Gas. Dazu zählen etwa die Fertigung von Raketenteilen für das Space X Programm von Elon Musk und Geothermiebohrungen mit dem Ölkonzern Shell. „Das wird vom Kapitalmarkt und den Investoren gut aufgenommen“, zeigt sich Grohmann zufrieden.

zahlen und fakten

Zahlen & Fakten

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Teilnehmer bei der Klimakonferenz Cop26 haben die Interessen der fossilen Energieträger vertreten, heißt es von der Lobby-Kontroll-Organisation Global Witness. Das sind mehr als das größte Land Brasilien an Delegierten schickte. Insgesamt waren 22.000 Mitglieder von offiziellen Delegationen dabei und 14.000 Beobachter. Darunter befanden sich Tausende Klimaaktivisten und Tausende Vertreter der Wissenschaft.

Transformation kostet Geld

Klimakonferenzen wie die Cop26 stehen nicht im luftleeren Raum. „Sie werden etwa vom deutschen Koalitionsvertrag“ aufgegriffen, sagt Silke Stremlau. Sie ist Vorständin der Hannoverschen Kassen und berät die deutsche Bundesregierung in Nachhaltigkeitsfragen. Transformation ist das Kernanliegen der Ampel. „Dafür müssen wir die Wirtschaft umbauen und das kostet enorm viel Geld. Allein kann der Staat das nicht finanzieren. Dafür braucht es private und institutionelle Investoren. Hinter jeder Wende steht eine Finanzwende.“ Der nachhaltige Finanzmarkt sei kein Nischenthema mehr und könne erheblich zur Transformation beitragen: „Ich bin mir nicht sicher, ob die Chefverhandler das verstanden haben“, bemerkt Stremlau im Gespräch mit dem Börsianer Grün.

Der Koalitionsvertrag wurde wenige Tage nach Ende der Klimakonferenz in Glasgow präsentiert. Dass die Koalitionsverhandlungen so schnell zu einem Ergebnis kamen, überraschte Stremlau. Wie die Cop26 hinterlässt auch die Präsentation des Koalitionsvertrags ihre eigenen Bilder. Im Westhafen Berlins schritt die Spitze der Parteien und Verhandler den Kai der Presseabsperrung entgegen. Olaf Scholz (SPD) hob den Arm, richtete seinen Zeigefinger nach vorne. „Zukunft wird gemacht“, sagte der Kanzler – von Menschen, von Parteien, von Regierungen und Unternehmern.

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Der Klimawandel ist ein globales Thema, das auf Staaten-Ebene gelöst werden muss. Ohne politischen Rahmen wird es nicht gehen. Die Cop26 hat gezeigt, dass Klimakonferenzen ein Ringen um Kompromisse sind. So wurde das Schlussdokument an entscheidenden Stellen abgeschwächt. Ein Erfolg: Zum ersten Mal wurde erwähnt, dass bei fossilen Energieträgern Handlungsbedarf besteht. Das heißt: Staaten werden es nicht allein richten können. Die Finanzbrache muss einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der Klimakrise leisten.

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