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DANIEL LEAL-OLIVAS / AFP / picturedesk.com
Von Antonia Hotter
Die tägliche Revolution für das Klima
Klimaaktivismus hat viele Gesichter. Neben Fridays for Future machen Investoren und Lobbyisten Druck auf Politik und Wirtschaft, um sie zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Welche Strategien ihnen Gehör bei Entscheidungsträgern verschaffen, haben sie im Gespräch mit dem Börsianer Grün erzählt.
Februar 2022
hat Fridays for Future in Köln mitgegründet. Die 20-Jährige studiert Philosophie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf. Wenn die Kölnerin Zug fährt, geht ihr Herz auf. Könnte sie mit einer beliebigen Person aus Wirtschaft und Politik essen gehen, wäre das Jennifer Morgan. Durch ihren Auftritt in der Talkshow „Hart aber fair” erlangte sie breitere Bekanntheit, aber „Talkshows ändern nicht die Welt”, sagt Brünger.
ist seit 2019 Geschäftsführer vom Bundesverband Erneuerbare Energien und vom Bundesverband Windenergie. Der Agraringenieur und Diplom-Betriebswirt war bis 2013 Sprecher der CDU Mecklenburg-Vorpommern. Als Lobbyist macht er Klimaaktivismus hinter den Kulissen. Fachlichkeit, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit sind ihm besonders wichtig.

In weniger als drei Jahren hat Fridays for Future es ins größte Wissenschaftsmuseum der Welt geschafft. Zwischen den einflussreichsten Erfindungen der Welt stellt das Deutsche Museum Plakate von Klimaaktivisten aus. Für Pauline Brünger, die Fridays for Future in Köln mitgegründet hat, geht der erste Weg immer an die Öffentlichkeit. Die Ausstellung im Deutschen Museum ist nur die Folge davon. Demonstrationen sind das bekannteste Druckmittel, aber nicht das einzige. 

Der 20-jährigen Klimaaktivistin fällt eine Aktion mit Tausenden Schildern statt Menschen vor dem Bundestag ein und Schriftzug auf Hamburgs bekanntester Einkaufsmeile. „Wir alle für 1,5 Grad“ steht dort mit permanenter Straßenfarbe auf über 60 Metern geschrieben. Corona hat den Aktivismus grundlegend verändert. Mittlerweile existiert Fridays for Future länger während einer Pandemie als ohne: „Wir sind auf kreativere Aktionsformen umgestiegen“, erzählt Brünger im Gespräch mit dem Börsianer Grün.

Die tägliche Revolution für das Klima





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Effektiver Aktivismus bedeutet, Anliegen strategisch zu platzieren. Als SPD, Grüne und FPD den Koalitionsvertrag verhandelten, demonstrierten die Klimaaktivisten vor dem Verhandlungsgebäude in Berlin: „Damals nicht mit Tausenden Menschen, aber wenn du an dem Ort bist, wo an diesem Tag alle Kamerateams der Hauptstadtredaktionen sind, reichen schon ein paar Hundert“, sagt Brünger.

zahlen und fakten

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Menschen demonstrierten an einem einzigen Freitag im März 2019 für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Das war nur ein halbes Jahr nachdem Greta Thunberg zum ersten Mal für das Klima die Schule streikte.

Hinter dem Vorhang

Weniger schrill und laut agieren Lobbyisten wie Wolfram Axthelm. Er ist Geschäftsführer vom deutschen Bundesverband Erneuerbare Energien. Ihm geht es weniger um öffentliche Sichtbarkeit als um den fachlichen Diskurs. Viel Zeit fließt in die Abstimmung der Mitglieder untereinander: „Für die Politik ist es immer ganz schwierig, wenn da geballt die vielfältigsten Meinungen und Ideen auf sie einstürzen und sie keinen Vorfilter haben. Ein Verband filtert, ordnet und bringt zusammen.“

Die wichtigsten Ansprechpartner seien immer jene Parteien, die gerade in der Regierungsverantwortung stehen. Im Bund und in den Ländern, weil die Energiepolitik sich auch dort abspielt: „Da gibt es ein breites Spektrum an Parteien, das wir ansprechen“, berichtet Axthelm.

Ernsthaftes Interesse oder nur PR?

Auch Klimaaktivisten wie Pauline Brünger setzen sich mit Personen aus Politik und Wirtschaft an den Tisch. Entweder auf öffentlichen Podien oder auf eine persönliche Einladung hin: „Hier differenzieren wir aber, ob es irgendein PR-Akt von einem Unternehmen ist, um sich gemeinsam mit uns abzulichten, oder ob es ein ernsthaftes Interesse an einem inhaltlichen Austausch gibt“, betont Brünger.

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„Unternehmen muss klar sein, dass wir ihnen nicht bescheinigen werden, dass sie die großen Klimaretter sind. Das muss am Ende ihre eigene CO2-Bilanz tun.“

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Pauline Brünger, Mitgründerin Fridays for Future Köln

Fachlichkeit gewinnt

Der Lobbyist Axthelm betont im Gespräch mit dem Börsianer Grün immer wieder: „Man muss eine sehr solide Fachlichkeit, eine hohe Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit an den Tag legen und nicht mit Traumgebilden auf die Politik einstürzen, damit einem überhaupt zugehört wird.“ Vorschläge müssen immer einer kritischen Gegenprüfung standhalten. Guter Lobbyismus ist keine Klientelpolitik.

Währenddessen leistet Axthelm viel Übersetzungsarbeit: „Der Energiebereich hat eine sehr hohe Komplexität. Die ist selbst von Abgeordneten oder Mitarbeitern in Ministerien, die damit oft zu tun haben, kaum noch zu überschauen.“

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Bis zur Eskalation

Auch Investoren können Aktivisten sein. Man nennt das dann Aktionärsaktivismus. In der Fachsprache ist von „Engagement“ die Rede. Es geht darum, auf die Unternehmensführung Druck zu machen. „Voraussetzung dafür ist eine valide und aktuelle Datenbasis. Das ist eine Herausforderung“, sagt Alexandra Schwaiger, verantwortlich für Nachhaltigkeit bei der österreichischen Vorsorgekasse Fair Finance AG.

„Es hilft, ein entsprechendes Gewicht in die Waagschale werfen zu können.“ Deshalb gibt es Engagement-Netzwerke wie Shareholders for Change, dessen österreichisches Gründungsmitglied die Fair Finance AG ist. Dabei werden Anteile an börsennotierten Unternehmen gebündelt.

„Schließlich bedarf es eines konsequent zu Ende gedachten und ausformulierten Engagement-Prozesses inklusive Eskalationsmechanismus“, betont Schwaiger. Das kann der Verkauf von Anteilen sein oder „Public Shaming“. Dabei werden die nicht zufriedenstellenden Engagement-Aktivitäten veröffentlicht. Umgekehrt wirkt es motivierend, wenn Erfolge mit der Öffentlichkeit geteilt werden.

Caroline Les Meaux ist Global Head of Engagement bei der französischen Fondsgesellschaft Amundi und sagt: „Verbesserungen auf Unternehmensebene sind, von seltenen Ausnahmen abgesehen, oft das Ergebnis einer Vielzahl von Einflüssen. Von uns, aber auch von anderen Investoren oder Kunden des Unternehmens. Auch interne Faktoren spielen eine Rolle.“

Nicht jeder schafft es ins Deutsche Museum, aber jeder kann in seinem persönlichen Wirkungskreis die Klimawende mitgestalten. Sei es als Studentin auf der Straße oder als Aktionärin auf einer Hauptversammlung.

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Klimaaktivismus kann auf der Straße, im persönlichen Gespräch und auf Aktionärsversammlungen passieren. Selbst kleinere Menschenmassen können viel bewirken, wenn sie strategisch gut platziert sind. Gut ist dort, wo Medienvertreter sind. Für Lobbyisten ist Fachlichkeit und Ehrlichkeit besonders wichtig. Lobbyismus darf keine Klientelpolitik sein. Investoren brauchen eine valide Datenlage, um auf die Unternehmensführung Druck zu machen. Die ist nicht immer gegeben. Ihre Engagement-Strategie muss einen Eskalations-Mechanismus vorsehen.

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