In weniger als drei Jahren hat Fridays for Future es ins größte Wissenschaftsmuseum der Welt geschafft. Zwischen den einflussreichsten Erfindungen der Welt stellt das Deutsche Museum Plakate von Klimaaktivisten aus. Für Pauline Brünger, die Fridays for Future in Köln mitgegründet hat, geht der erste Weg immer an die Öffentlichkeit. Die Ausstellung im Deutschen Museum ist nur die Folge davon. Demonstrationen sind das bekannteste Druckmittel, aber nicht das einzige.
Der 20-jährigen Klimaaktivistin fällt eine Aktion mit Tausenden Schildern statt Menschen vor dem Bundestag ein und Schriftzug auf Hamburgs bekanntester Einkaufsmeile. „Wir alle für 1,5 Grad“ steht dort mit permanenter Straßenfarbe auf über 60 Metern geschrieben. Corona hat den Aktivismus grundlegend verändert. Mittlerweile existiert Fridays for Future länger während einer Pandemie als ohne: „Wir sind auf kreativere Aktionsformen umgestiegen“, erzählt Brünger im Gespräch mit dem Börsianer Grün.

Die tägliche Revolution für das Klima
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Effektiver Aktivismus bedeutet, Anliegen strategisch zu platzieren. Als SPD, Grüne und FPD den Koalitionsvertrag verhandelten, demonstrierten die Klimaaktivisten vor dem Verhandlungsgebäude in Berlin: „Damals nicht mit Tausenden Menschen, aber wenn du an dem Ort bist, wo an diesem Tag alle Kamerateams der Hauptstadtredaktionen sind, reichen schon ein paar Hundert“, sagt Brünger.

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Hinter dem Vorhang
Weniger schrill und laut agieren Lobbyisten wie Wolfram Axthelm. Er ist Geschäftsführer vom deutschen Bundesverband Erneuerbare Energien. Ihm geht es weniger um öffentliche Sichtbarkeit als um den fachlichen Diskurs. Viel Zeit fließt in die Abstimmung der Mitglieder untereinander: „Für die Politik ist es immer ganz schwierig, wenn da geballt die vielfältigsten Meinungen und Ideen auf sie einstürzen und sie keinen Vorfilter haben. Ein Verband filtert, ordnet und bringt zusammen.“
Die wichtigsten Ansprechpartner seien immer jene Parteien, die gerade in der Regierungsverantwortung stehen. Im Bund und in den Ländern, weil die Energiepolitik sich auch dort abspielt: „Da gibt es ein breites Spektrum an Parteien, das wir ansprechen“, berichtet Axthelm.
Ernsthaftes Interesse oder nur PR?
Auch Klimaaktivisten wie Pauline Brünger setzen sich mit Personen aus Politik und Wirtschaft an den Tisch. Entweder auf öffentlichen Podien oder auf eine persönliche Einladung hin: „Hier differenzieren wir aber, ob es irgendein PR-Akt von einem Unternehmen ist, um sich gemeinsam mit uns abzulichten, oder ob es ein ernsthaftes Interesse an einem inhaltlichen Austausch gibt“, betont Brünger.



Fachlichkeit gewinnt
Der Lobbyist Axthelm betont im Gespräch mit dem Börsianer Grün immer wieder: „Man muss eine sehr solide Fachlichkeit, eine hohe Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit an den Tag legen und nicht mit Traumgebilden auf die Politik einstürzen, damit einem überhaupt zugehört wird.“ Vorschläge müssen immer einer kritischen Gegenprüfung standhalten. Guter Lobbyismus ist keine Klientelpolitik.
Währenddessen leistet Axthelm viel Übersetzungsarbeit: „Der Energiebereich hat eine sehr hohe Komplexität. Die ist selbst von Abgeordneten oder Mitarbeitern in Ministerien, die damit oft zu tun haben, kaum noch zu überschauen.“
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Bis zur Eskalation
Auch Investoren können Aktivisten sein. Man nennt das dann Aktionärsaktivismus. In der Fachsprache ist von „Engagement“ die Rede. Es geht darum, auf die Unternehmensführung Druck zu machen. „Voraussetzung dafür ist eine valide und aktuelle Datenbasis. Das ist eine Herausforderung“, sagt Alexandra Schwaiger, verantwortlich für Nachhaltigkeit bei der österreichischen Vorsorgekasse Fair Finance AG.
„Es hilft, ein entsprechendes Gewicht in die Waagschale werfen zu können.“ Deshalb gibt es Engagement-Netzwerke wie Shareholders for Change, dessen österreichisches Gründungsmitglied die Fair Finance AG ist. Dabei werden Anteile an börsennotierten Unternehmen gebündelt.
„Schließlich bedarf es eines konsequent zu Ende gedachten und ausformulierten Engagement-Prozesses inklusive Eskalationsmechanismus“, betont Schwaiger. Das kann der Verkauf von Anteilen sein oder „Public Shaming“. Dabei werden die nicht zufriedenstellenden Engagement-Aktivitäten veröffentlicht. Umgekehrt wirkt es motivierend, wenn Erfolge mit der Öffentlichkeit geteilt werden.
Caroline Les Meaux ist Global Head of Engagement bei der französischen Fondsgesellschaft Amundi und sagt: „Verbesserungen auf Unternehmensebene sind, von seltenen Ausnahmen abgesehen, oft das Ergebnis einer Vielzahl von Einflüssen. Von uns, aber auch von anderen Investoren oder Kunden des Unternehmens. Auch interne Faktoren spielen eine Rolle.“
Nicht jeder schafft es ins Deutsche Museum, aber jeder kann in seinem persönlichen Wirkungskreis die Klimawende mitgestalten. Sei es als Studentin auf der Straße oder als Aktionärin auf einer Hauptversammlung.
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