280 Milliarden US-Dollar an weltweiten Schäden hat der Klimawandel im Vorjahr verursacht. Damit ist 2021 das zweitteuerste Naturkatastrophenjahr, geht aus Daten der Munich Re hervor. Dass eine Rückversicherung Daten über die Klimaschäden penibel auflistet und sammelt, kommt nicht von ungefähr. Immerhin sind es die Versicherungen – und am Ende die Rückversicherungen – bei denen das Gros der Kosten dieser Schäden hängenbleibt. Auch wenn nur rund 120 Milliarden US-Dollar der Katastrophenschäden im Vorjahr versichert waren, sind die Assekuranzen doch in großer Sorge. Denn die Risiken von Unwettern, Stürmen und Überflutungen steigen rasant.
Größte Bedrohung für die Welt
Dass die Versicherungen mit ihrer Sorge nicht übertreiben, zeigt auch ein Blick auf den jüngsten Global Risk Report, der jährlich vom Weltwirtschaftsforum erstellt wird. Demnach führt das Scheitern der Klimaschutzmaßnahmen vor extremem Wetter und dem Verlust der Biodiversität die Liste der größten Risiken in den nächsten zehn Jahren an. Das hat enorme Relevanz für die Versicherungen. Denn zum einen steigen die Kosten des Klimawandels, zum anderen sind – vor allem in Österreich – so wenige Menschen tatsächlich gegen Großschäden aus Wetterkapriolen versichert, dass sich die Assekuranzen schwertun, Katastrophenschutz-Produkte zu leistbaren Prämien anzubieten. „Wir können diese Risiken mangels ausreichend hoher Zahl von Kunden nicht breit diversifizieren“, sagt Dieter Pscheidl, Leiter der Abteilung European Affairs und ESG bei der in Wien börsennotierten Vienna Insurance Group AG (VIG). Die VIG schlägt zwei Änderungen vor: Einen leistbaren Pflicht-Deckungsschutz für Naturkatastrophen und eine Partnerschaft zwischen Versicherungen und dem Staat. Im Fall von Großschäden soll klar geregelt sein, wer wofür aufkommt. „Die Geschädigten sollen nicht Bittsteller beim Staat sein müssen“, erklärt Pscheidl im Börsianer Grün Climate Action-Podcast.
Neidvoller Blick in die Schweiz
Ganz anders als in Österreich oder auch Deutschland, wo nicht einmal die Hälfte der Gebäude gegen Naturkatastrophen versichert sind, ist die Lage in der Schweiz. Dort sind 99 Prozent der Gebäude gegen Schäden aus Starkregen, Hochwasser oder andere Klimakatastrophen versichert. Die hohe Zahl der Versicherten bringt es auch mit sich, dass die Prämien nicht allzu hoch sind. In Deutschland hat die Überschwemmung in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Vorjahr zu einem Umdenken geführt. Für die deutschen Versicherer löste diese Hochwasserkatastrophe mit acht Milliarden Euro nämlich die größte Schadenssumme aller Zeiten aus. In der Folge haben die öffentlichen Versicherungen einen gruppeninternen Schadenspool von bis zu 500 Millionen Euro eingerichtet. Daraus soll bei Naturkatastrophen ein solidarischer Schadensausgleich finanziert werden. Wolfgang Weiler, Präsident des deutschen Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft schlägt eine gesetzliche Lösung vor. Demnach sollte der Bund ermöglichen, dass alle Gebäudeversicherungen zu einem Stichtag umgestellt werden und damit einen Katastrophenschutz – freilich gegen höhere Prämien – umfassen sollen. So wie in Österreich, wo die Versicherungsbranche bereits einen Vorschlag für eine Partnerschaft mit dem Staat im Bereich des Katastrophenschutzes überreicht hat, wird es auch in Deutschland noch einiges an Diskussion zu diesem Thema geben.
Die VIG schlägt zwei Änderungen vor: Einen leistbaren Pflicht-Deckungsschutz für Naturkatastrophen und eine Partnerschaft zwischen Versicherungen und dem Staat. Im Fall von Großschäden soll klar geregelt sein, wer wofür aufkommt. „Die Geschädigten sollen nicht Bittsteller beim Staat sein müssen“, erklärt Pscheidl. Eine gute Basis für die Einstufen der Gefahrenlage von Versicherten bildet in Österreich die Plattform „Hora“, die Daten über Naturgefahren gesammelt hat und auch ein Frühwarnsystem anbietet.
Zahlen & Fakten
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Grüne Kapitalanlagen als Klima-Vorsorge
Versicherungen schlagen noch einen weiteren Weg ein, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Sie verschieben ihre Kapitalanlagen in Richtung grüne, umwelt- und klimafreundliche Investments. Immerhin sind Versicherungen mit einem Veranlagungsvolumen von 10,5 Billionen Euro die größten institutionellen Investoren in der Europäischen Union. Mit ihren Investmententscheidungen können Versicherungen daher einiges beeinflussen. Wenn etwa Kohleabbau-Unternehmen Schwierigkeiten bekommen Kapital aufzutreiben, wird dieses für das Klima schädliche Geschäft wirtschaftlich unattraktiv. Die VIG etwa erhöht schrittweise die Investments in erneuerbare Energie und Green Bonds. Das Klima-Problem lösen können Versicherungen damit aber nicht. Denn erstens braucht die Verschiebung der Investments in Richtung umwelt- und klimafreundlich lange Zeit – noch steckt erst ein Bruchteil der Versicherungsgelder in grünen Veranlagungen. Und zweitens springen – wie etwa im Fall der Kohle – Versicherungen aus anderen Regionen als Geldgeber ein. Die VIG zum Beispiel hat die Versicherung von Kohlekraftwerken in Tschechien gestoppt. Das Ergebnis: Eine chinesische Versicherung ersetzt die VIG nun dort.
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