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Patrick Pleul / dpa / picturedesk.com
Von Irmgard Kischko
Bauen ohne Umweltschäden – geht das?
Bauen wird landläufig mit Zubetonieren und Flächenversiegelung verbunden. Besonders in Österreich. Aber auch in Deutschland und der Schweiz vernichten Zersiedelung und Straßenbau täglich viele Hektar Naturlandschaft. In der Bauwirtschaft hat jetzt ein Umdenken begonnen.
September 2022
Der Chef des Immobilienentwicklers UBM Development liebt sein Zuhause in einem Wiener Innenstadtpalais.
Leitet das Marketing der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

Bauen wird landläufig mit Zubetonieren und Flächenversiegelung verbunden. Besonders in Österreich. Aber auch in Deutschland und der Schweiz vernichten Zersiedelung und Straßenbau täglich viele Hektar Naturlandschaft. In der Bauwirtschaft hat jetzt ein Umdenken begonnen.

Bauen ohne Umweltschäden – geht das?





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„Es steht eben schon genug herum. Besser als etwas Neues irgendwo hinstellen ist daher immer, Bestehendes zu optimieren.“ Diese Worte aus dem Mund eines Top-Managers der österreichischen Bau- und Immobilien-Entwickler-Branche mögen verwundern. Doch Thomas G. Winkler, Chef der UBM Development AG (UBM) lässt keinen Zweifel daran, dass die Zukunft des Bauens weltweit nicht anders aussehen kann. Es gilt, Naturlandschaft zu schonen. Die fast acht Milliarden Menschen auf der Welt brauchen zwar alle ein Dach über dem Kopf. Aber: „Auf die grüne Wiese zu bauen, ist nicht dauerhaft leistbar“, sagt dann auch Felix Jansen, Marketingmanager der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

Der Chef des Immobilienentwicklers UBM Development liebt sein Zuhause in einem Wiener Innenstadtpalais.

Leitet das Marketing der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen.

Der neue Charme des kleinen Hauses

Zwei Überlegungen sollten daher am Beginn der umweltgerechten Planungsphase für ein neues Zuhause stehen. Erstens: Finde ich ein bestehendes Gebäude, das meinen Bedürfnissen entsprechen könnte? Und zweitens: Wie viel Wohnfläche brauche ich überhaupt? „Meine Erkenntnis ist, dass das eigene Wohnbedürfnis überschätzt wird. Die Leute glauben, dass sie viel mehr Raum brauchen als sie dann wirklich benutzen“, erklärt Thomas G. Winkler. Das heißt: Meist wird zu groß gebaut. Es muss der Umwelt zuliebe nicht gleich ein „Tiny House“ sein – also so etwas wie ein etwas größerer Wohnwagen als Wohnhaus – auch wenn das durchaus im Trend liegt. 

zahlen und fakten

Zahlen & Fakten

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zahlen und fakten

Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes stammen aus der Herstellung von Beton und Stahl. Das sind zwei Milliarden Tonnen.

Wird Altbestand genutzt, muss darauf geachtet werden, nicht zu viel abzureißen. Alte Baustoffe sind oft umweltbelastender Abfall. „Vieles von der Gebäudesubstanz, vor allem die Fassaden, sollte bestehen bleiben. Denn da steckt viel CO2 drin“, gibt Jansen zu bedenken. Für Thomas G. Winkler sind vor allem die Altbauten in Wien, die aus der Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert stammen, optimal zu nutzen. Ihr Bestand ist nachhaltig, die Materialien ökologisch.

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Abdichten, dämmen, Energiesparen

Die Wiener Altbauten mögen ein behagliches Wohnen zulassen, aber sie zu beheizen ist schwierig. Raumhöhen von bis zu drei Metern sorgen für hohe Energierechnungen. „Stimmt so nicht“, widerspricht der UBM-Boss. Das mag früher so gewesen sein, als es bei Fenstern und Türen hereingezogen habe. Heute wird nicht nur erstklassig abgedichtet, sondern auch gedämmt. Er selbst wohne in einem sanierten Wiener Innenstadtpalais. „Die Leute schauen ungläubig auf meine Energierechnung, weil sie verhältnismäßig niedrig ist.“ Gut zu isolieren spart also eine Menge Energie ein.

Im Neubau geht es nicht nur ums Energiesparen, sondern vor allem um die Wahl der Energiequelle. Geothermie, Luft-Wärme-Pumpen, Photovoltaik sind die Energieformen der Wahl, um Klima und Umwelt zu schützen. „Das Wichtigste aber ist daran zu denken, selbst Energie zu produzieren“, rät Jansen den Häuslbauern. Geothermie ist nicht nur im ländlichen Gebiet ein Thema, sondern auch in der Stadt. Im Wiener Leopoldquartier ist die UBM gerade dabei, Erdwärme als Energiequelle für die neue Anlage anzuzapfen. 200 Sonden für Geothermie wurden bereits gesetzt. Das Gebäude soll damit zumindest CO2-neutral sein, wenn nicht sogar mehr CO2 binden als es emittiert.

Holz statt Beton

Beton und Zement gelten schon in der Produktion als Klimaschädlinge. Der CO2-Ausstoß ist enorm. Winkler setzt daher auf Holz als neuen Baustoff. „Die Verwendung von Holz in der Errichtung von Gebäuden ist der wesentliche Beitrag, den Developer zur CO2-Vermeidung erbringen können“, erklärt Thomas G. Winkler. Ganz im Gegensatz zur verbreiteten Meinung, Holz könne nur in Einfamilienhäusern als Baustoff verwendet werden, geht der Trend sowohl in Österreich als auch international zu Holz-Hochbauten. Bis zu 100 Meter hohe Gebäude werden mit dem Baustoff bereits geplant. 

Für Felix Jansen stehen Baumaterialen im Vordergrund, die regional verfügbar sind. Kurze Transportwege sparen CO2. Er will allerdings keinen Baustoff verteufeln. „Beton gegen Holz auszuspielen, ist ein Quatsch“, betont er. Für Fundamente ist Beton unumgänglich. Außerdem gebe es auch CO2-freundliche Verfahren, Beton herzustellen. Der Schweizer Baustoffkonzern Holcim etwa schreibt sich auf seine Fahnen, einen ressourcenschonenden Zement entwickelt zu haben, der gegenüber anderen Massenzementen zehn Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht. Das funktioniert durch die Verwendung von Recycling-Abbruchgranulat. Holcim Schweiz-CEO Simon Kronenberg hat als Vision, dass das Unternehmen bis 2050 vollständig recyclebare Baustoffe herstellt und CO2-neutral ist.

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zitat

„Beton gegen Holz auszuspielen ist Quatsch. Es gibt auch CO2-freundliche Verfahren, Beton herzustellen“

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Felix Jansen, Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen

Kritik an grünen Fassaden

Auf ökologische Bauten der Zukunft wachsen nicht nur auf den Dächern Bäume, sondern werden auch Fassaden begrünt. Das mag schön aussehen, Bauexperten halten nicht allzu viel davon. Der Wasserverbrauch sei zu hoch, auch der Schädlingsbefall und damit die Kosten. „Und Pflanzen wachsen lieber horizontal als vertikal“, gibt Thomas Winkler zu bedenken. „Die allermeisten Leuchtturmprojekte mit begrünten Fassaden sind nur Schmuck. Sie sind Monokulturen und brauchen viel Wasser und aufwendige Pflege. Sie haben wenig positive Effekte“, lässt auch Jansen kein gutes Haar an den vertikalen Gärten.

 

Meine Grüne Rendite

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Weniger ist mehr. Auf jeden Fall aus ökologischer Sicht. Kleiner, bedarfsgerechter bauen und – wenn möglich – nicht auf die grüne Wiese. Wenn sich die Bauwirtschaft das zu Herzen nimmt und dann noch regionale Baustoffe verwendet, sieht die Klimazukunft freundlicher aus.

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