Können wir Menschen etwas Großes in Sachen Klimawandel bewegen, indem wir nicht mehr Auto fahren oder fliegen und auf Fleisch verzichten? Der Historiker und Autor Philipp Blom findet dazu im aktuellen Climate-Action-Podcast des Börsianer Grün klare Worte: „Wenn wir alle auf Auto verzichten, vegan essen und nie mehr fliegen, wird sich die Klimakatastrophe trotzdem vollziehen“. Der globale Flugverkehr ist nämlich für nur für zwei bis drei Prozent der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Das heißt aber nicht, dass wir jetzt resignieren müssen. Denn es gibt die wirklich großen Hebel, mit denen CO2-Emissionen nachhaltig reduziert oder gar verhindert werden können.
Die größten Hebel zur CO2 – Reduktion
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Klimaschädling Nummer 1
Ein kurzer Blick in die Statistik fördert sie zu Tage: Mehr als 70 Prozent aller klimaschädlichen Emissionen in der Europäischen Union hängen mit Energie zusammen. Also mit der Stromerzeugung, mit dem Heizen, mit dem Transport. „Energiewende“ ist denn auch schon fast zum Synonym der Klimawende geworden. „Um den CO2-Ausstoß bis 2040 auf null zu bringen, braucht es deshalb jetzt eine umfassende Energie- und Verkehrswende hin zu Energie aus Sonne, Wind und Wasser. Unsere Mobilität muss sich auf öffentliche Verkehrsmittel, sichere Fuß- und Radwege und elektrische Antriebe verlagern“, fordert Jasmin Duregger, Klima- und Energie-Expertin von Greenpeace.
Zahlen & Fakten
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Klimaschädling Nummer 2
Der zweite große Hebel, den die Statistik offenlegt, ist die Landwirtschaft. Und hier vor allem die Tierhaltung sowie der Reisanbau. Dabei entsteht das besonders stark wirkende Treibhausgas Methan. Zudem wird für die Futtermittel enorm viel Agrarfläche benötigt. „75 Prozent der bewirtschafteten Böden in Europa gehen dafür drauf“, gibt Philipp Blom zu bedenken. Alles nicht nachhaltig. Vegetarier und Veganer scheinen also doch recht zu haben.
Philipp Blom, Historiker
Was tun?
Der Transformationsprozess in Richtung klimafreundlichere Energiewirtschaft hat bereits begonnen. Die EU hat beschlossen, ab 2035 nur noch Elektroautos neu zuzulassen, allerorts werden – zumindest in Europa – Solaranlagen und Windparks gebaut, die Bauwirtschaft erprobt nachhaltigere Baustoffe und private Häuslbauer setzen auf Geothermie und die Sonne statt Erdgas. „Das ist ein wichtiger Anfang, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, warnt Philipp Blom. Die Natur warte nicht, bis wir uns langsam umstellen.
Die Menschen müssten den Druck auf Wirtschaft und Politik deutlich erhöhen, damit rasch Schritte zur CO2-Verminderung gesetzt würden. Ideen gebe es genug, besonders in den Unternehmen. Europas Betriebe sind in Sachen Umwelttechnik, Energieeffizienz, klimafreundlichere Produktion eigentlich Weltklasse. Innovation und gute Ideen gibt es zuhauf in der Wirtschaft. Doch die Wettbewerbsfähigkeit hinkt hinterher.
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Steuern, Zölle, Innovation
Eine Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken, sind Einfuhrzölle auf umwelt- und klimaschädlich erzeugte Produkte. Das Thema wird häufig diskutiert, von der Politik aber nie umgesetzt. Fast Fashion etwa: Billigmode, meist unter Missachtung jeglicher Nachhaltigkeitsstandards in Asien erzeugt, wird zum Großteil ungetragen weggeworfen. „500 Prozent Zoll auf so produzierte Jeans und das Problem ist gelöst“, meint Philipp Blom. CO2-Besteuerung ist ein weiterer Faktor, der auf dem Weg zur Energiewende helfen könnte. Österreich hat so eine Steuer soeben eingeführt. 30 Euro pro Tonne Kohlendioxid beträgt diese Steuer nun. Das hat die Spritpreise weiter erhöht, der Verkehrsclub Österreich hat jüngst bereits einen Rückgang des privaten Autoverkehrs registriert. Deutschland hebt seit Anfang des Vorjahres 25 Euro je Tonne CO2-Ausstoß ein, der Betrag soll bis 2025 auf 55 Euro steigen. In der Schweiz gibt es eine Abgabe auf Kohlendioxid-Emissionen schon seit 2008, allerdings nicht auf Treibstoffe, sondern nur auf fossile Brennstoffe zum Heizen und zur Stromerzeugung. Laut dem Schweizer Bundesamt für Umwelt wurde der Abgabensatz seit der Einführung vier Mal erhöht, weil die Reduktionsziele nicht erreicht wurden. Begonnen wurde mit 12 Schweizer Franken je Tonne CO2, seit 2018 liegt dieser Satz bei 96 Schweizer Franken.
Schlüssel liegt in Asien
„Dem einzelnen Bürger in der Schweiz zu erklären, dass er sich klimafreundlich verhalten und dafür spürbare Nachteile in Kauf nehmen soll wie etwa längere Reisezeiten und höhere Ausgaben, wird schwierig wenn er sieht, dass sich viele andere weiterhin klimaschädigend verhalten“, konstatiert das Schweizer Bundesamt für Umwelt. Das lenkt die Aufmerksamkeit auf jene Teile der Welt, in denen die Emissionen Spitzenwerte erreichen: China zum Beispiel. Das Land stößt jährlich mehr als das Doppelte an CO2 aus wie die USA. Und Indien produziert enorm viel Strom in Kohlekraftwerken. „Die Zukunft des Weltklimas entscheidet sich auch nicht in Europa, sondern in Asien“, schlussfolgert daher Philipp Blom. Allerdings: Europas Wirtschaft kann Asien helfen, klimafreundlicher zu produzieren, die Energiewende rascher zu schaffen. „Wir könnten Patente für erneuerbare Energien kostenlos ins Internet stellen, sodass Inder sie einfach verwenden könnten“, lautet ein Vorschlag.
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