Alte Verpackungen, Papier, Textilien und vor allem Elektroschrott: Die Müllberge wachsen. Nicht nur in Asien oder Afrika, auch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Doch auch die Wiederverwertung wird populärer. Und viele Unternehmen sehen Müll mittlerweile mit anderen Augen. Abfall ist eine Rohstoffquelle, die genutzt werden kann. Aber warum passiert das noch viel zu selten?

Müll: Der vergeudete Rohstoff
Dünne Gewinnmarge
„Recycling ist volkswirtschaftlich auf jeden Fall sinnvoll. Es lohnt sich vielleicht betriebswirtschaftlich nicht immer“, bringt es Patrik Geisselhardt, Geschäftsführer von Swiss Recycling im Climate Action Podcast des Börsianer Grün auf den Punkt. Der Wert der aus Abfällen gewonnener Menge an Rohstoffen muss alle Kosten, die zu ihrer Gewinnung anfallen, wirtschaftlich tragen. Und das ist bei den volatilen Weltmarktpreisen für Rohstoffe nicht immer der Fall. Während bei Papier, Glas und PET-Flaschen die Recyclingquote im deutschen Sprachraum sehr hoch ist, lässt sie bei anderen Kunststoffen oder gar Elektronik zu wünschen übrig. Dabei wäre etwa Elektroschrott eine Goldgrube an wertvollen Rohstoffen. „Das Recycling von Elektroaltgeräten beschränkt sich bisher auf Massenmetalle wie Eisen, Stahl, Kupfer, Aluminium und Edelmetalle, die leicht zu gewinnen sind“, erklärt die deutsche Entsorgungs- und Recyclinggruppe Alba Group. Diese Stoffe könnten zu mehr als 90 Prozent wiederverwertet werden.
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Das Problem mit den Smartphones
In unseren Handys steckt nicht nur Gold, integriert sind auch die weltweit stark nachgefragten Seltenen Erden – allerdings in sehr geringen Mengen und meist komplex verbaut. Die Wiederverwertung sei daher zu aufwändig, heißt es bei Alba. Und so landen weltweit große Mengen dieser Seltenen Erden wie Tantal, Gallium und Iridium einfach im Müll. Die globalen Recyclingquoten liegen dabei laut Alba unter einem Prozent. Doch viele Elektronik-Altgeräte landen gar nicht im Müll. Der deutsche Branchenverband Bitkom geht davon aus, dass allein in Deutschland 206 Millionen Smartphones ungenützt in Schubladen lagern. 140.000 Tonnen Elektroschrott landen laut Naturschutzbund jedes Jahr fälschlicherweise im Restmüll.

Zahlen & Fakten
206

Rasant wachsender Berg an Elektroschrott
Der weltweit am raschesten wachsende Abfallberg besteht aus Elektronik- und Elektromüll. „Global ist die Menge an Elektroschrott in den vergangenen fünf Jahren dreimal schneller als die Weltbevölkerung gewachsen“, sagt Antonis Mavropoulos, ehemaliger Präsident der International Solid Waste Association. Die vierte industrielle Revolution müsse mit der Kreislaufwirtschaft verbunden werden, sonst werde sie eine weitere Erschöpfung der Ressourcen und neue Verschmutzungswellen fördern. Davon ist auch Stefan Tollinger, Geschäftsführer des niederösterreichischen Entsorgungs- und Recyclingunternehmens Brantner Environment überzeugt: „Die Kreislaufwirtschaft ist das Modell der Zukunft“, sagt er. Die EU hat in ihrem Kreislaufwirtschaftspaket auch schon Ziele vorgegeben. Demnach müssen bis 2025 mindestens 55 Prozent der Siedlungsabfälle recycelt werden, bis 2030 sollen es dann 60 Prozent sein. Bei den Siedlungsabfällen liegen die Staaten – dank der Sammelrekorde bei Altpapier und Glas sowie deren Verwertung – recht gut. Deutschland kam laut Eurostat 2021 schon auf eine Quote von 71,1 Prozent, Österreich auf gut 60 Prozent, die Schweiz liegt bei 52 Prozent.
Recyclingbeiträge als Lösung?
Für Patrik Geisselhardt von Swiss Recycling sind beim Kauf von Produkten eingehobene Beiträge für Entsorgung und Wiederverwertung ein gangbarer Lösungsweg. Denn die Recyclingunternehmen bräuchten in vielen Fällen ökonomische Anreize. Stefan Tollinger von Brantner Environment tritt für ein breit angelegtes Pfandsystem ein. Bei Elektro-Haushaltsgeräten funktioniere das in Österreich bereits sehr gut.



In Deutschland hingegen landen laut Naturschutzbund noch immer rund 140.000 Tonnen Elektroschrott pro Jahr im Restmüll. Unter anderem deswegen sei die Elektroschrott-Sammelquote mit 39 Prozent weit entfernt von einer gesetzlich vorgeschriebenen Quote von 65 Prozent, teilt der Entsorgungsbetrieb Alba mit. Swiss-Recycling-Chef Patrik Geisselhardt sieht das System der Entsorgungsbeiträge auch auf Textilien anwendbar. Wertvolle Baumwolle könnte auf diese Weise in die Unternehmen zurückkommen und wiederverwertet werden, anstatt auf Müllhalden in der Wüste Chiles zu verrotten.
Investmentchancen?
Investmentchancen im Bereich Recycling sind derzeit noch recht rar gesät. Der in Österreich und Deutschland zugelassene ETF Wisdom Tree Recycling Decarb (ISIN: IE000LG4J7E7) investiert in Unternehmen, die mindestens 20 Prozent ihres Umsatzes aus Technologien generieren, die im Recycling- und Abfallmanagement zum Einsatz kommen. Der in Deutschland zugelassene ETF Global Managers Platform Active Recycling (LU1052420343) veranlagt mindestens zwei Drittel des Nettovermögens in Aktien von Unternehmen, die in der Abfallwirtschaft, -aufbereitung und -verwertung tätig sind und zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen. Im weiteren Sinne in das Thema investieren lässt sich über das Thema Circular Economy. Diese Fonds und ETFs investieren in erster Linie in Unternehmen, die Kreislaufwirtschaft in die eigenen Produktionsprozesse implementieren.
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