Die Luftfahrt ist an der Börse im Aufwind. 67 Prozent legte beispielsweise die Aktie der Lufthansa AG im vergangenen Jahr zu. Auch wenn die Passagierzahlen noch rund 15 Prozent unter Vorkrisenniveau liegen, hat die Branche die Corona-Pandemie weitgehend hinter sich gelassen. Jetzt müssen die Herausforderungen der Klimakrise bewältigt werden.
Wie die Luftfahrt nachhaltig werden kann
Drei Prozent der Emissionen wegen Luftfahrt
Der Anteil der Luftfahrt am gesamten CO2-Ausstoß beträgt weltweit zwischen zwei und drei Prozent. Auch wenn man alle die Atmosphäre betreffenden Effekte der Luftfahrt mit einrechnet, landet man auf nicht einmal fünf Prozent, wie das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) berechnet. Klingt nach wenig. Wenn man bedenkt, dass rund 80 Prozent der Weltbevölkerung noch nie ein Flugzeug bestiegen hat, ist das auf auf den einzelnen Fluggast gemessen aber relativ viel.
Climate Fact
CO2-Belastung pro Fluggast
Die Luftfahrtindustrie hat sich zum Handeln bekannt. In Europa soll das Fliegen bis 2050 klimaneutral sein. Für den Rest der Welt gilt das Corsia-Abkommen, wonach bis 2050 die luftfahrtbedingten CO2-Emissionen gegenüber 2005 halbiert werden sollen. Wie schaffen wir die Wende, welche Rolle spielen Technologien, und wie verändert sich das Reiseverhalten, vor allem auf Geschäftsreisen?
Weniger Geschäftsreisen mit mehr Qualität
Eric Heymann, Volkswirt und Experte für Mobilität und Energie bei der Deutsche Bank AG erklärt im Gespräch mit dem Börsianer Grün, dass es regional im Hinblick auf den Reisezweck einige Unterschiede gibt: „In Asien dürfte der Luftverkehr in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Dagegen sind die Märkte in Europa und Nordamerika eher gesättigt. „Flugscham“ ist seiner Einschätzung nach bislang eher ein europäisches Thema. Touristische Flüge sind wieder fast auf Vorkrisenniveau. Bei Geschäftsreisen sieht dies anders aus. „Unternehmen haben stark in die Technik für Online-Konferenzen investiert, diese sind erprobt und akzeptiert. Und wenn man Kosten sparen und gleichzeitig noch den eigenen CO2-Fußabdruck mindern kann, ist der Verzicht auf Geschäftsreisen für die Unternehmen natürlich eine Win-Win-Situation”, sagt Heymann. Sein Arbeitgeber setzt selbst ein Beispiel: Die Deutsche Bank AG hat Mitte 2020 Geschäftsflüge auf den beliebten Strecken Frankfurt nach Hamburg, Berlin und München untersagt.
Zahlen & Fakten
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Geschäftsreisen werden weniger, dafür länger: diesen Trend im gesamten DACH-Raum sieht auch Daniel Wittwer. Er leitet den Bereich Geschäftsreisen bei der im Schweizer Wetzikon angesiedelten Finass Reisen AG. Eine gute, persönliche Betreuung der Kunden werde wichtiger, sagt er gegenüber dem Börsianer Grün. „Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt bei unseren Kunden eine immer bedeutendere Rolle”, so Wittwer. Was zur oben erwähnten Frage führt: Wie kann die Luftfahrt bis 2050 klimaneutral werden?
Diese Technologien machen Fliegen CO2-neutral
Für Luftfahrt-Experten Eric Heymann sind Sustainable Aviation Fuels (SAF) mittel- bis langfristig der zielführendste Weg. Diese werden beispielsweise auf Basis von erneuerbarem Strom oder Biomasse erzeugt. Und der größte Vorteil ist, dass sie bei bestehenden Flugzeugen und der derzeitigen Flughafeninfrastruktur ohne größere Änderungen verwendet werden können. Synthetisches Kerosin ist bereits jetzt beigemischt im Einsatz und soll nach Schätzungen in fünf bis zehn Jahren auch preislich Marktreife erlangen. Derzeit liegt der Preis noch etwa beim Zehnfachen des klassischen Kerosins.
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Wenig erfolgsversprechend sind Bemühungen zur Elektrifizierung der Luftfahrt. Dafür ist die zu bewegende Masse von Flugzeugen einfach zu groß. Allerdings spielt die Elektrifizierung der Infrastruktur am Boden eine bedeutende Rolle. In der Luft ist der Einsatz von effizienteren Motoren und Turbinen, leichteren Materialien und aerodynamischen Verbesserungen eine Möglichkeit, den CO2-Ausstoß deutlich zu reduzieren. Die meisten europäischen Fluglinien – wie beispielsweise Swiss – haben Projekte in diesem Bereich laufen. Ein in Sachen Nachhaltigkeit innovativer Entwickler bei Leichtbauteilen ist das Unternehmen FACC AG aus Oberösterreich, dessen Komponenten in so gut wie allen aktuellen Modellen der führenden Flugzeugbauer wie Airbus SE und Boeing Verwendung finden. Im aktuellen Climate-Action-Podcast des Börsianer Grün spricht CEO Robert Machtlinger unter anderem über neueste Projekte, welche dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft folgen und Bauteile, die Gewicht und Treibstoffverbrauch reduzieren.
Die Luftfahrtindustrie kann den Sprung zur Klimaneutralität seiner Meinung nach tatsächlich erreichen. Doch ohne CO2-Kompensationen wird dies nicht zu schaffen sein.