Nachhaltigkeits-Fonds erleben zur Zeit einen Boom. Anleger wollen mit ihren Investments für eine klima- und umweltfreundliche sowie sozial gerechtere Zukunft sorgen. Und die Milliarden, die weltweit in solche Fonds fließen, zeigten bereits Wirkung. Unternehmen, die die ESG-Kriterien verletzten, wurden an der Börse schlechter bewertet. Und die sogenannten Vice Funds, die bewusst in „Laster“ veranlagten, litten unter schwachem Mittelzufluss. Es ist also genau das passiert, was sich ESG-Fans wünschten: Investorengeld drängt Unternehmen zu Klimaschutz und sozialem Arbeitsumfeld.
Sind Waffen jetzt nachhaltig?
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Just, als sich die positive Wirkung der ESG-Investments zeigt, kommt auch ihre Schattenseite zum Vorschein. Die aus diesen Fonds ausgeschlossenen Konzerne rücken in den Fokus von Anlegern und der breiten Öffentlichkeit. Waffen und Rüstung werden derzeit nachgefragt wie selten zuvor. Aktien der Rüstungsindustrie waren denn auch unter den Best-Performern der vergangenen Monate. Aber nicht nur das: Auch die fossile Energie, allen voran Erdgas, erlebt einen unglaublichen Preissprung und damit auch die Aktien der Energiekonzerne. „Wir als Anbieter von nachhaltigen Fonds haben also die Top-Aktien ausgeschlossen“, gibt Peter Ladreiter, Vorstand der Security Kapitalanlage AG, zu bedenken.
Zahlen & Fakten
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Gerade in den zwei Industriezweigen – Rüstung und fossiler Energie – habe ein Umdenken in Europa begonnen. „Wir als Anbieter von nachhaltigen Fonds tun uns extrem schwer damit“, betont Ladreiter. In der gesamten ESG-Fonds-Branche herrsche jetzt Verwirrung. Das Thema werde extrem kontrovers diskutiert. Der Security-KAG-Vorstand ist überzeugt, dass sich die Branche in den nächsten Monaten zu einer Überarbeitung der Kriterien durchringen müsse.
Sorge um Glaubwürdigkeit
Einfach wird das nicht. Denn die Anleger, die ESG-Fonds bevorzugen, wollen nichts von Rüstungsaktien, Atomkraft oder auch fossilen Energiekonzernen wissen. Das zeigt auch die jüngste Umfrage des Börsianer Grün. Sie ergab ein klares Nein der Anleger zu Waffenindustrie oder Atomkonzernen im Sinne des ESG-Gedankens. 93 Prozent der rund 500 Befragten aus den Bereichen Banken, Versicherungen, Pensions- und Vorsorgekassen sagten, dass die Rüstungsindustrie nicht als ESG-konform anzusehen sei. Nachhaltigkeit sei eben keine Hülle, die sich mit beliebigen Inhalten füllen lasse. „Nein, die Rüstungsindustrie ist nicht nachhaltig, sie ist auf Gewalt und das damit einhergehende Leid angewiesen, um Profit zu erarbeiten“, sagt auch Sibel Arslan, Abgeordnete zum Schweizer Nationalrat für die Grünen.
Werden nämlich ESG-Kriterien geändert, könnte das für einen Verlust der Glaubwürdigkeit bei Investoren sorgen, gibt auch Ladreiter zu bedenken. Es sieht eine extrem kontroverse Diskussion auf die Branche zukommen.
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Denn die Frage, ob Waffen zur Sicherung des sozialen Friedens beitragen können und auf diese Weise als nachhaltig eingestuft werden könnten, bewegt die Finanz-Produktanbieter quer durch Europa. Kim Felix Fomm, Chief Investment Officer des Berliner FinTechs Raisin, ist der Meinung, dass Rüstung aus dem Investment-Universum nicht ausgeschlossen werden dürfe. Nur gewissen Rüstungsproduzenten, wie etwa jene, die Streuwaffen und -munition erzeugen, würde Fomm als nicht investierbar einstufen.
Die ESG-Kriterien müssten dazu nicht unbedingt aufgeweicht werden, sagt er. Vielmehr plädiert er an die Fonds-Anbieter, möglichst breite Investment-Möglichkeiten zu offerieren. „ESG darf nicht das gesamte Spektrum an investierbaren Aktien, Anleihen etc. dominieren“, fordert Fomm im Climate Action Podcast des Börsianer Grün. Es sollte den Anlegern überlassen werden, was sie als nachhaltig akzeptieren.
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