Börsianer Grün Logo Text
Börsianer Grün Logo Icon
Lithiumabbau in Chile
Lucas Aguayo Araos / dpa / picturedesk.com
Von Irmgard Kischko
Rennen um Rohstoffe: Wo bleibt Europa?
Rohstoffe sind die Basis für die Energiewende. Wer beim Wettlauf um die Lagerstätten die besten Karten hat.
April 2023
Rohstoffexperte und Portfoliomanager bei Allianz Global Investors
Chef des britischen Lithium-Explorationsunternehmens CleanTech Lithium

Grün, umweltfreundlich, CO2-frei: Die Attribute der Energiewende klingen attraktiv und nach schöner neuer Welt. Was vor allem in Europa aber gern vergessen wird: Damit das möglich ist, wird eine große Menge an Rohstoffen gebraucht, wie etwa Lithium, Nickel, Aluminium. Der Abbau ist aber meist nicht umweltfreundlich. Großmächte wie die USA und China ringen um den Zugang zu diesen Rohstoffen, Europa ist indes zögerlich. „Europa ist zu langsam“, sagt David Finger, Portfoliomanager bei Allianz Global Investors im aktuellen Climate Action Podcast des Börsianer Grün.

Rennen um Rohstoffe: Wo bleibt Europa?

00:00 - 00:00

Der Lithium-Markt

Der beginnende Hype um Elektromobilität und Stromspeicher hat einen Rohstoff, der viele Jahre ein Schattendasein führte, in den Vordergrund gespielt: Lithium, „das weiße Gold der Energiewende“, wie es auch genannt wird, ist für Batterien essenziell. Doch die Lithium-Vorkommen sind auf wenige Staaten konzentriert, noch arbeiten viel zu wenige Minen, um die wachsende Nachfrage zu decken. Der weltweit größte Lithium-Schatz liegt in Australien, das über 45 bis 50 Prozent dieses Rohstoffs verfügt, gefolgt von Chile und China. In den USA und Kanada sind eher kleinere Lagerstätten zu finden, ebenso wie in Europa. Um den Zugang zu den Vorkommen ringen derzeit viele große Konzerne – allerdings so gut wie keine europäischen. Vor allem China versucht sich in Chiles und Argentiniens Lithium-Minen einzukaufen. So hat der chinesische Bergbauriese Zijin Mining 1,5 Milliarden US-Dollar in das kanadische Unternehmen Neo Lithium investiert, um Vorkommen in Argentinien zu explorieren. Und der australische Rio Tinto-Konzern hat sich ebenfalls groß in Argentinien eingekauft. 

Newsletter

newsletter

börsianer grün briefing

Werde mit unserem exklusiven Climate-Action-Briefing (14-tägig) zum Sustainability-Leader. Nicht morgen, sondern jetzt!




Newsletter

newsletter

börsianer grün briefing

Werde mit unserem exklusiven Climate-Action-Briefing (14-tägig) zum Sustainability-Leader. Nicht morgen, sondern jetzt!




USA setzen auf befreundete Länder

Europa schaut dem wilden Treiben um Lithium meist noch zu, die USA haben mit dem Inflation Reduction Act Tatsachen geschaffen. Für Unternehmen ist damit klar: Lithium-Vorkommen im Land und in „befreundeten Staaten“ haben Vorrang. „Damit haben sie eine wasserdichte Absicherung für ihre Investitionen in Lithium-Minen“, betont David Finger. Europa tue sich dagegen mit raschen Entscheidungen schwer. Obwohl es in Europa Lithiumvorkommen gibt, etwa in Frankreich, Deutschland und Österreich. Doch Widerstand von Bürgern gegen den Abbau verhindert, dass die Projekte auch umgesetzt werden. „Wir gefallen uns in Teslas. Doch mit dem, was dahinter kommt, wollen wir nichts zu tun haben“, meint David Finger. Weltweit rechnet er allerdings in den kommenden Jahren mit einer deutlich steigenden Nachfrage nach Lithium. Um 20 bis 25 Prozent dürfte der Bedarf jährlich steigen. Auch wenn viel geforscht werde, noch gebe es keine Alternative zu Lithium für Batterien. 

Preise sind explodiert und wieder gefallen

Die Nachfrage übersteigt seit gut zwei Jahren das Angebot deutlich. Die Folge: Der Preis für Lithium hat sich seit Anfang 2020 beinahe verachtfacht. Ende 2022 wurden Spitzenpreise bis zu 60.000 US-Dollar je Tonne Lithium gezahlt. Wie wird das weitergehen? „Ich glaube nicht, dass es wieder zu einem derartigen Anstieg kommt. Zuletzt sind die Preise deutlich gefallen“, erklärt Alexandre Dimitrov, Fondsmanager bei der Erste Asset Management. „Da war viel Angst im Markt. Auto- und Batteriehersteller fürchteten, dass sie nicht genügend Lithium bekommen“, fügt er hinzu. Der Preisanstieg hat viele „Gold-Gräber“ auf den Plan gerufen. In den nächsten Jahren werde eine Vielzahl neuer Lithium-Produzenten auf den Markt drängen, ist Alexandre Dimitrov überzeugt. Die Sorge, dass sich Europa die Energiewende angesichts der steigenden Rohstoffpreise nicht leisten könne, teilt er daher nicht. David Finger sieht den hohen Lithium-Verbrauch auch kritisch. „Wir müssen nicht mit tonnenschweren E-Autos, die in drei Sekunden auf 100 km/h beschleunigen, herumfahren“, sagt er. Kleinere Autos mit leichteren Batterien würden auch reichen.

quote
zitat
Die Europäer gefallen sich in Teslas. Doch mit dem, was dahinter kommt, wollen sie nichts zu tun haben
quote
David Finger, Portfoliomanager Allianz Global Investors

„Sauberes Lithium“

Die Gewinnung von Lithium benötigt viel Wasser und Energie. Beides ist nicht im Sinne der Umwelt- und Klimaschützer. In Südchile und Argentinien sind die Explorationsunternehmen daher eifrig dabei, Solaranlagen zu errichten, um grünen Strom für den Abbau des Rohstoffs verwenden zu können. Chinesische Unternehmen pflastern riesige Flächen im Süden Chiles mit Photovoltaik-Paneelen zu, um sich die umweltfreundliche Energie zu sichern. Das britische Unternehmen CleanTech Lithium wiederum hat ein eigenes Verfahren entwickelt, um den Wasserverbrauch möglichst niedrig zu halten. „Wir haben drei Explorationsprojekte in Südchile, wo wir voraussichtlich 2026 mit dem Lithium-Abbau starten können“, erklärt CleanTech-Lithium-Chef Aldo Boitano im Gespräch mit dem Börsianer Grün. Dass das umweltfreundlichere Verfahren zu viel höheren Lithium-Preisen führt, glaubt Boitano nicht. Langfristig rechnet er in seinen Projekten mit 22.500 US-Dollar je Tonne.

zahlen und fakten

Zahlen & Fakten

25

zahlen und fakten
Prozent soll die Nachfrage nach Lithium jährlich steigen, erwarten Industrie-Experten.

Schwierige Investitions-Entscheidung

Können Anleger vom Lithium-Boom profitieren? Oder ist es bereits zu spät, um einzusteigen? „Der Bereich steckt erst in den Kinderschuhen, der Abbau beginnt gerade erst“, sagt David Finger. Tatsächlich sind so wie CleanTech Lithium noch viele Unternehmen erst in der Vorbereitungsphase für den Lithium-Abbau. Viel Produktion wird daher erst in den kommenden Jahren auf den Markt kommen. Finger rät Anlegern zu breiter Streuung, eventuell in Rohstoff-Fonds. Die Experten des Forbes-Magazins wagen sich weiter vor und nennen fünf Top-Picks unter den Lithium-Aktien. Nummer eins ist dabei einer der weltgrößten Lithium- und Chemiekonzerne, das US-Unternehmen Albermarle, das Lithium in den USA und in Chile abbaut. Nummer 2 ist die australische Atlantic Lithium mit Assets in Ghana und Cote Ivoire. Als nächste Empfehlung steht CleanTech Lithium auf der Forbes-Liste. Als weitere Top-Picks werden Piemont Lithium mit Projekten in den USA, Kanada und Ghana sowie der ETF Global X Lithium & Battery Tech.

Meine Grüne Rendite

heading gruene rendite
Die Energiewende braucht Rohstoffe. Lithium ist derzeit der wichtigste. Europäische Auto- und Batterieunternehmen müssen sich beeilen, um sich die Versorgung mit diesem Rohstoff zu sichern. Denn die USA und China haben dabei bereits die Nase vorn. Für Anleger eigentlich ein gutes Umfeld. Denn die Nachfrage sollte in den nächsten Jahren stetig steigen.
meine gruene rendite
linie

printmagazin

Das Börsianer Grün-Magazin

Der Börsianer Grün ist das Leitmedium für Nachhaltigkeit in der D-A-CH-Region und soll allen Topentscheidern aus Wirtschaft, Finanz und Politik Orientierung geben.

Über den Autor

Die Börsianer Grün Redaktion

Ähnliche Artikel