Der Wald gilt als älteste Quelle der menschlichen Wirtschaft. Kein Wunder, dass der Begriff der Nachhaltigkeit aus der Forstwirtschaft abgeleitet wurde. Verbrauche nur so viel Holz, dass ein Nachwachsen und künftige Erträge gewährleistet sind, lautet die simple Logik. Von dieser Logik hat sich unser globales Wirtschaftssystem entfernt. Die Entwaldung zählt mittlerweile zu den größten Umweltgefahren, und zwar in mehrerer Hinsicht. Aufgrund der CO2-Speicherfähigkeit wären Wälder ein wichtiger Faktor zur Reduzierung der Klimaerwärmung.
Investments, die den Wald schützen
Theoretisch, denn seit 1990 sind weltweit Wälder in der Größe Indiens und Nigerias abgeholzt worden, zeigt eine UN-Hochrechnung. Schätzungen des WWF zufolge sind Waldschäden und Entwaldung für etwa 15 Prozent der Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Wälder schützen vor Dürren und sichern Grundwasser. Ihre Abholzung erhöht sogar die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten wie Covid-19, zeigen aktuelle Untersuchungen.
Welche Maßnahmen notwendig sind
Es besteht also dringend Handlungsbedarf. Die gute Nachricht ist, dass zuletzt einiges in Bewegung gekommen ist. In unterschiedlichen Abkommen – etwa auf der Klimakonferenz 2021 in Glasgow oder der Artenschutzkonferenz 2022 in Montreal – wurde von der Staatengemeinschaft der Plan beschlossen, Waldverlust und Landdegradierung bis 2030 zu stoppen und umzukehren. Die Europäische Union setzt diese Ziele mit einer Waldstrategie und Zero-Deforestation-Zielen um. Und genau diese Ziele betreffen in mehrerer Hinsicht auch die Finanzwirtschaft.
Zahlen & Fakten
15
Der WWF hat Risiken in Zusammenhang mit der Entwaldung in einer im Mai 2023 erschienenen Studie aufgelistet. „Weil die Ökosysteme unseres Planeten die Grundlage unseres Wirtschaftssystems sind, sind Finanzinstitute hohen finanziellen Risiken ausgesetzt, wenn Ökosysteme etwa durch Entwaldung zusammenbrechen. Immer mehr Banken, Versicherungen und Asset Manager sind sich der Entwaldungsrisiken bewusst. Erst wenn ein Finanzinstitut diese Risiken genau kennt, kann es wirksame Strategien zu deren effektiver Beherrschung entwickeln“, fasst Jakob Mayr, Finanzexperte beim WWF, einige Risiken zusammen.
Wie Entwaldung stoppen?
Größter Verursacher für die Entwaldung sind landwirtschaftliche Produkte wie Rindfleisch, Palmöl oder Soja für die Tiermast. Folglich wird es definitiv Änderungen im Konsumverhalten brauchen, um tatsächlich eine Trendumkehr zu erreichen. Gerade Kampagnen, die auf das Konsumverhalten abzielen, zeigten in Europa und Nordamerika in letzter Zeit auch Erfolg. Das erhöht auch den Druck auf die handelnden Unternehmen. Große Verursacher wie etwa der global agierende und oft kritisierte Lebensmittelproduzent Nestle setzen hier einige positive Ansätze. Doch reicht das? Nachdem die Staatengemeinschaft sich einig ist, die Wälder zu schützen, stellt sich die Frage nach dem Wie?
Die Waldbewirtschaftung in großen Teilen gänzlich einzustellen, um so CO2 einzusparen, ist ein Vorschlag. Diesem Ansatz kann Christoph Butz, auf das Thema nachhaltige Waldnutzung spezialisierter Fondsmanager bei Pictet Asset Management, aber nur wenig abgewinnen. Im Climate Action Podcast des Börsianer Grün plädiert er eindeutig für eine zukünftige wirtschaftliche Nutzung der Ressource Wald – allerdings nur unter streng nachhaltigen Bedingungen.
Wo liegen Probleme?
Der Wald verschwindet am meisten in der Äquatorgegend. In Ländern wie Indonesien oder Malaysia ist nachhaltiges Investment in die Forstwirtschaft laut Butz kaum möglich. Dort sei es oft Teil der Regierungspolitik, dass der Regenwald umgewandelt wird, etwa für die Produktion von Palmöl. Ein Großteil geht in den Export. Daher tragen die klassischen Industrieländer hier Verantwortung. Doch kann man Wälder wirtschaftlich nutzen, ohne negative Umwelt- und Klimaeffekte zu erzeugen?
Fondsmanager Butz relativiert: Bestehende Biotope müssten demnach geschützt werden, aber „wir bewirtschaften Wald in Mitteleuropa schon seit langer Zeit auf nachhaltige Weise, weil wir unsere Lektionen auch gelernt haben“. Die Idee ist, Wälder durch Bewirtschaftung zu schützen und daraus nachhaltige Produkte zu schaffen, die dann nicht-nachhaltige ersetzen. Man denke an Beton oder Stahl beim Hausbau, oder Plastikverpackungen, die auf Erdöl beruhen – sie können mit Papier ersetzt werden. Butz sagt: „Ich denke es ist wichtig, dass der Wald einen ökonomischen Wert hat. Dann ist er auch schützenswert. Es geht darum, ein fossiles System auf ein nachhaltiges umzustellen“.
printmagazin
Das Börsianer Grün-Magazin
Der Börsianer Grün ist das Leitmedium für Nachhaltigkeit in der D-A-CH-Region und soll allen Topentscheidern aus Wirtschaft, Finanz und Politik Orientierung geben.
Leitlinien, wie nachhaltige Waldbewirtschaftung funktioniert, bietet etwa die Sustainable Forestry Initiative mit Sitz in Nordamerika. Aus Deutschland kommt das bekannte FSC-Siegel, das für Forest Stewardship Council steht. Anfang 2023 kam das Siegel wegen eines Korruptionsfalls in die Kritik. Trotz aller Mängel bieten diese beiden Organisationen gute Orientierungshilfen.
Wo investieren?
Stellt sich die Frage, wie man in den Wald investieren kann? „Am einfachsten ist es immer noch, Kapital von Aktivitäten abzuziehen, die Abholzung und Flächenumwandlung vorantreiben. Die größten Effekte haben jedoch Engagement-Aktivitäten vom Einzelaktionär bis hin zum großen Institutionellen – schließlich haben die meisten Unternehmen und Asset Manager noch immer keine Strategien zur Eindämmung der Entwaldung festgelegt. Hier lautstark Besserung einzufordern, ist gut investierte Zeit“, sagt Jakob Mayr vom WWF. Auf nachhaltige und börsennotierte Waldbewirtschafter angesprochen, nennt Fondsmanager Christoph Butz Unternehmen wie Weyerhaeuser Co., Rayonier oder PotlatchDeltic. Einen Blick wert könnten außerdem Unternehmen aus der Zellulose- und Verpackungsindustrie wie Svenska Cellulosa oder Graphic Packaging Holding Co sein. Ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement kann auch Innovationen bewirken. Aus Österreich zu nennen ist etwa die Lenzing AG, welche in Sachen Kreislaufwirtschaft einige fortschrittliche Projekte verfolgt.
Interessante Innovationen ergeben sich aber auch vertikal über andere Branchen hinweg. Lignin war ein Abfallstoff in der Forstwirtschaft und wird jetzt bei der Batterieherstellung verwendet. Erste Tests zeigen, dass diese sogar langlebiger als herkömmliche Akkus sein könnten. UPM aus Finnland baut eine holzbasierte Bioraffinerie. Als Produkte kommen dann beispielsweise Sohlen von Sportschuhen heraus. Auch am Bau tut sich einiges: Es gibt mittlerweile die Möglichkeit, mit sogenannten Cross-laminated Timber (CLT) Häuser mit 20 oder mehr Stockwerken zu bauen. Man sieht, Holz ist als Ersatz für bekannte klimaschädliche Baustoffe hoch im Kurs.