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Lieferkettengesetz
Heidi Petrich / dpa Picture Alliance / picturedesk.com
Von Teresa Gäckle
Lieferkettengesetz: Bitte nicht verwässern!
Über die Sorgfaltspflichten die eigene Lieferkette betreffend wird viel diskutiert. Im Börsianer Grün Gastbeitrag argumentiert Teresa Gäckle, Programmmanagerin für Sustainable Finance beim WWF Österreich, wieso Finanzinstitute von einem starken EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) nicht ausgeschlossen werden sollen.
November 2023
ist Programmmanagerin für Sustainable Finance beim WWF Österreich.

Jedem Grad Erderhitzung zum Trotz finanzieren fehlgeleitete Geldflüsse die Zerstörung unseres Planeten. Dabei nehmen die Auswirkungen der Klima- und Biodiversitätskrise ungebremst an Fahrt auf. Gleichzeitig schließt sich das Zeitfenster, um auch mit Lösungen einer zukunftsfähigen Wirtschaft dagegen zu wirken. Einer Wirtschaft, die Risiken für sich selbst und die Gesellschaft minimiert, Chancen nutzt und damit Stabilität und Resilienz erhöht.

Offenlegung als Startschuss

Um die notwendige Trendumkehr zu schaffen, braucht es wirksame Sofortmaßnahmen im großen Stil. Der Finanzmarkt kann durch das Lenken von Kapital die Realwirtschaft gestalten und dadurch die benötigte Beschleunigung ermöglichen. Um dieses Potential jedoch voll auszuschöpfen und Schäden strukturell zu vermeiden, muss der derzeitige Regulierungsrahmen erweitert werden.

Bislang hat die Gesetzgebung der Europäischen Union vorrangig auf Transparenz gesetzt. Sie verabschiedete mit der CSRD und der EU-Taxonomie wichtige Offenlegungspflichten für Unternehmen und den Finanzsektor. Nun gilt es, darauf aufzubauen und die großen Hebel zu betätigen.

Game Changer CSDDD

Das geplante EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) setzt dabei auf große Unternehmen. Diese sollen künftig mit den Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit achtsam umgehen und die Einhaltung von Klima- und Umweltschutz sowie Menschenrechten sicherstellen. Wirtschaftstreibende würden in ihrem Handeln nicht nur transparenter werden, sondern aktiv Präventionsmaßnahmen treffen und für Handlungen Rechenschaft ablegen. Strategischer Klima- und Umweltschutz wäre dadurch ein fixer Bestandteil in allen Geschäftsbereichen.

climate fact

Climate Fact

Was ist die CSDDD?

Klima Fakt
Das europäische Lieferkettengesetz oder Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) soll künftig Firmen zum sorgfältigen Umgang mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette verpflichten. Inbegriffen sind die direkten und indirekten Lieferanten, eigenen Geschäftstätigkeiten sowie Produkten und Dienstleistungen.

Verstärkt würde die transformative Wirkung der Maßnahmen durch die direkte Einbindung des gesamten Finanzsektors in den Anwendungsbereich der Richtlinie, wie dies vom EU-Parlament vorgesehen ist. Infolgedessen würden Rechtsvorschriften angeglichen und faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen. Das bestätigen auch zahlreiche Stimmen aus der Real- und Finanzwirtschaft.

Der Schritt dieses gesetzlichen Rahmens ist unumgänglich, da freiwillige Initiativen bislang ihre Wirkung verfehlt haben. Auch der österreichische Finanzsektor hinkt bei der Umsetzung geeigneter Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz hinterher, wie die WWF-Bankenstudie 2022 gezeigt hat.

2026 soll das EU-Lieferkettengesetz in Kraft treten. Aktuell laufen die Verhandlungen auf Hochtouren. Nun gilt es einen zahnlosen Kompromiss zu vermeiden. Der CSDDD-Vorschlag des EU-Parlaments ist eine einmalige Chance: Durch die Einbindung des Finanzsektors würde verstärkt Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt. Den Finanzsektor aus der Richtlinie auszunehmen, wie jüngst von der spanischen Ratspräsidentschaft ins Spiel gebracht, würde der Bedeutung des Finanzsektors nicht gerecht. Dies würde die Wirkung der Richtlinie deutlich abschwächen. Die Rolle des Finanzsektors in seiner Bedeutung für die Transformation der Realwirtschaft klein zu reden, hält einem Faktencheck nicht stand.

Der CSDDD Faktencheck zu aktuellen Fragen

1. Kosten für Unternehmen
Die Kosten für die Gewährleistung von Umweltstandards und Menschrechten, wie im geplanten EU-Lieferkettengesetz vorgesehen, belaufen sich auf 0,005 Prozent des Jahresumsatzes großer Unternehmen und 0,074 Prozent von KMUs. Dies zeigt eine Untersuchung der Europäischen Kommission.

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2. Entwicklung des Wirtschaftsstandorts
Wie uns die Auswirkungen der multiplen Krisen drastisch vor Augen führen, braucht der Wirtschaftsstandort Europa eine zukunftsorientierte Spezialisierung. Das geplante EU-Lieferkettengesetz würde diese notwendige Transformation fördern. Denn Wirtschaftstreibende, die sich nicht rechtzeitig mit der Vereinbarkeit ihres Geschäftsmodells mit dem 1,5 Grad-Ziel beschäftigen, riskieren schlicht in den nächsten Jahrzehnten nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Zusätzlich wird durch die Einbindung von Nicht-EU-Unternehmen auch ein konkurrenzfähiges Level Playing Field sichergestellt. Dadurch hätte auch Österreichs Wirtschaft viel zu gewinnen.

3. Transformativer Einfluss des Finanzsektors
Die nachhaltige Transformation der europäischen Wirtschaft hat einen enormen Finanzierungsbedarf, der nur mittels nachhaltiger Geldflüsse gedeckt werden kann. Diese Steuerung ist auch für Finanzinstitute selbst von großem Interesse, um künftige Risiken zu minimieren. Erst kürzlich warnte beispielsweise die Zentralbank vor einem Anstieg des Kreditrisikos von europäischen Banken um 100 Prozent, wenn die Transformation zu langsam umgesetzt wird.

Der Vorschlag des EU-Parlaments sieht vor, Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter jeweils entlang ihrer Einflussmöglichkeiten in die Pflicht zu nehmen. Wie solch eine Vorgehensweise aussehen kann, lässt sich am Beispiel der OECD-Guidelines darstellen.

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