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ESG Schwellenländer
Michael Bihlmayer / ChromOrange / picturedesk.com
Schwellenländer stärken ESG-Standards
Unternehmen aus Schwellenländern stehen im Investorenfokus. Bei den Nachhaltigkeitsdaten (ESG) gibt es bislang aber einige blinde Flecken. Diese werden jetzt teilweise geschlossen.
Dezember 2023
ist Partnerin und Portfoliospezialistin für die globalen Aktienstrategien von William Blair Investment Management.

Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken (ESG) und deren Offenlegung haben sich zu entscheidenden Faktoren für Unternehmen in Schwellenländern entwickelt. Eine nachweislich gute ESG-Bilanz kann Unternehmen dabei helfen, institutionelle Investoren anzuziehen. Denn gute ESG-Daten eines Unternehmens sind ein Hinweis auf dessen langfristige Nachhaltigkeit und Risikomanagementfähigkeit und erleichtern den Zugang zu Märkten und kostengünstigerem Kapital.

Die aktuelle Landschaft der ESG-Offenlegung

Unternehmen aus den Schwellenländern weisen in der Regel eine schwächere ESG-Offenlegung und niedrigere ESG-Bewertungen auf als ihre Pendants aus den Industrieländern, und dies wird gemeinhin als ein Haupthindernis für eine stärkere Kapitalallokation genannt, da Investoren zunehmend ESG-Überlegungen in ihre Anlagestrategien integrieren.

Einer Studie von Fitch zufolge verschärfen Probleme im Zusammenhang mit ESG-Datenlücken und Bewertungsfehlern die Ineffizienz bei der Kapitalallokation und verringern den Kapitalfluss in Schwellenländer. Schwächen bei der Offenlegung sind auch auf ein begrenztes Bewusstsein, Ressourcenbeschränkungen und unterschiedliche Unternehmensführungspraktiken zurückzuführen. Denn Unternehmen in Schwellenländern haben in der Regel weniger Erfahrung mit der Berichterstattung über ESG-Daten als Unternehmen in Europa, wo es seit vielen Jahren Offenlegungsvorschriften gibt. Doch die Regulierungsbehörden in Schwellenländern zeigen neuerdings Bemühungen, dies zu ändern. In Malaysia, Thailand, den Philippinen, Südafrika, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien und China beispielsweise hat sich die Verfügbarkeit von Daten deutlich verbessert.

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Übersicht der Maßnahmen

1. Im Januar trat die Resolution 59 der brasilianischen Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde in Kraft, die eine verstärkte Offenlegung von ESG-Aktivitäten und Risikomanagementpraktiken vorschreibt. Die brasilianische Börse B3 führte im August den Index Idiversa B3 ein, der börsennotierte Unternehmen anerkennen soll, die sich durch eine besonders große Vielfalt auszeichnen, indem er geschlechts- und ethnienbezogene Kriterien kombiniert. An der Klimafront ist die bevorstehende Abstimmung über einen Gesetzentwurf zur Einrichtung eines brasilianischen Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionen (SBCE) ein wichtiges Signal für die Bemühungen Brasiliens, seine Klimaverpflichtungen zu erfüllen.

2. Das Securities and Exchange Board of India führte 2023 das Business Responsibility and Sustainability Reporting (BRSR) ein, das von den 1.000 größten indischen Unternehmen verlangt, verpflichtende quantitative Kennzahlen zu nachhaltigkeitsbezogenen Faktoren vorzulegen. Die Aufsichtsbehörde führte auch Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ein und schuf strengere Vorschriften für die Benennung und Offenlegung von Investmentfonds.

3. Wie andere Länder des Nahen Ostens liegen auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in Bezug auf ESG-Praktiken und Offenlegung hinter den fortschrittlicheren Schwellenländern zurück, verstärken aber ihre Bemühungen. Die Wertpapier- und Rohstoffbehörde hat ESG-Metriken und Indikatoren für die Unternehmensberichterstattung festgelegt. Sie hat auch die Schaffung eines ESG-Aktienindexes an der Börse von Dubai unterstützt, in den Unternehmen der VAE aufgenommen werden sollen, die vorbildliche Nachhaltigkeitspraktiken aufweisen. Darüber hinaus wird die Aufsichtsbehörde bis 2025 mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied vorschreiben. In nur zwei Jahren hat sich die Zahl der Frauen in den Vorständen von Unternehmen mehr als verdoppelt.

Standards bei ESG

Da das ESG-Bewusstsein und die Bemühungen von Unternehmen und Aufsichtsbehörden in den Schwellenländern zunehmen, hat das kürzlich vom International Sustainability Standards Board (ISSB) verabschiedete Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung das Potenzial, als Katalysator für erhebliche Verbesserungen in der Berichterstattung zu dienen. ISSB bietet einen weltweit anerkannten und standardisierten Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Konsistenz, Transparenz und Vergleichbarkeit fördert.

Schwellenländer, die in ihrer ESG-Berichterstattung noch relativ am Anfang stehen, können Berichtsstandards überspringen und internationale Best Practices übernehmen. Das trägt dazu bei, neues Kapital und Wachstum anzuziehen. Die Entwicklung hin zu robusten ESG-Standards und das damit verbundene Potenzial für die Schwellenländer wird vom Markt möglicherweise nicht in vollem Umfang wahrgenommen. Investoren und Stakeholder sollten die sich entwickelnden ESG-Trends beobachten und mit den Unternehmen und Regulierungsbehörden der Schwellenländer in Kontakt treten, um die Vorteile positiver Entwicklungen und deren Potenzial zur Beschleunigung zu nutzen.

Romina Graiver ist Partnerin und Portfoliospezialistin für die globalen
Aktienstrategien von William Blair Investment Management
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Über den Autor

Die Börsianer Grün Redaktion

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