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Von Daniel Nutz
Frauen und Finanzen: Die Suche nach Vorbildern
Frauen interessieren sich weniger für Finanzthemen und Geldanlage und sind auch bei den Asset Managern weit unterrepräsentiert. Es braucht Vorbilder, um dies zu ändern.
Januar 2024
ist Chief Investment Officer bei Raiffeisen Capital Management AG.
arbeitet seit dem Jahr 2007 für die DWS und managt den von ihr initiierten DWS Invest ESG Women for Women.

Ein Raum, ein Tisch und ein knappes Dutzend Frauen tauschen sich über Themen der Veranlagung aus. Es ist das Bild eines Female Finance Workshops, wie sie von vielen Banken im ganzen DACH-Raum in Kooperation mit Initiativen oder Frauenvereinen immer öfter durchgeführt werden. „Wir haben einen Auftrag, es geht letztlich auch um finanzielle Unabhängigkeit“, sagt Alexandra Frania, selbst Sales Director bei Columbia Threadneedle Austria und Obfrau der Frauen im Asset Management in Wien. Dieser im vergangenen Herbst neu gegründete Verein setzt sich auch für die Finanzbildung von Frauen ein.

Frauen und Finanzen: Die Suche nach Vorbildern

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Weniger Interesse an Finanzthemen

Dass es so etwas wie einen genderspezifischen Finance-Gap gibt, belegen diverse Umfragen. Frauen stehen finanziell schlechter da als Männer, können weniger zurücklegen und investieren, auch weil Kindererziehung und andere unentgeldliche Arbeit noch immer zu sehr an ihnen lastet. Frauen halten demnach weniger oft Aktien.

Trotz der für sie schlechteren Voraussetzungen haben Frauen beim Investieren in Wertpapiere deutlich zugelegt: Eine aktuelle Erhebung des Deutschen Bankenverbandes zeigt, dass mittlerweile 30 Prozent der Frauen Aktien, Fonds oder andere Wertpapiere besitzen, im Vergleich zu 18 Prozent im Jahr 2019. Damit liegen sie zwar weiterhin hinter den Männern (47 Prozent) zurück, dennoch ist der starke Zuwachs beachtlich. Vor allem jüngere Anlegerinnen (63 Prozent) investieren dabei häufig in ETFs. Die Quote könnte jedoch noch höher sein, denn mehr als die Hälfte der Frauen, die keine Wertpapiere besitzen, geben Unsicherheit und mangelndes Wissen als Grund dafür an. Auf ähnliche Werte kommt eine beim Meinungsforschungsinstitut Market in Auftrag gegebene Studie der Raiffeisen Capital Management AG (RCM) mit dem Titel „Frauen und Geldanlage 2023″.

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Wir möchten Role Models sein und Frauen motivieren, ihren Vermögensaufbau selbst in die Hand zu nehmen.
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Katharina Seiler, DWS ESG Women for Women

Weibliche Peergroups entscheidend

Im aktuellen Podcast von Börsianer Grün erklärt Karin Kunrath, Chief Investment Officer bei Raiffeisen Capital Management AG, welche Schlüsse daraus konkret gezogen werden können. „Frauen halten sich im Bereich Familienbudget für durchaus kompetent und übernehmen Verantwortung. Beim eigenen Vermögen und der eigenen Vorsorge herrscht im Vergleich zu Männern jedoch viel Verunsicherung“, sagt Kunrath. Was tun? Kunrath erzählt von mehr als 20 Veranstaltungen speziell für Frauen, Events für die Kundinnen oder Kooperationen, die ihr Unternehmen begleitet hat. Frauen mögen das Gesprächsklima innerhalb der eigenen Peergroup, sagt Kunrath.

Weibliche Vorbilder gesucht

Das oftmalige Fehlen einer weiblichen Peergroup und speziell von weiblichen Role Models dürfte auch einer der Gründe sein, warum der Gender-Gap beim Thema Finanzen noch immer relativ groß ist. Zwar wird er in den jüngeren Generationen, der „Generation Z” oder „Millennials“ – also unter den zwischen 1995 und 2010 Geborenen – geringer, wie z. B. Erhebungen von DAI oder Studien der FH St. Pölten zu Finfluencern belegen. Es ist aber noch immer noch viel Luft nach oben und vor allem viel zu tun, wie Monika Kovarova-Simecek, Leiterin des Masterstudiengangs Digital Business Communications an der FH St. Pölten, nahelegt.

Die Studie der FH St. Pölten untersuchte 188 Influencer und Influencerinnen mit Finanz- und Anlagefokus, sogenannte Finfluencer. Diese erreichen im deutschsprachigen Raum eine Reichweite von mehr als 17 Millionen Followern. Auffallend dabei: Nur 15 Prozent der Finfluencer sind weiblich. Unter den Top-30 finden sich nur drei weibliche Influencer. „Wir können beobachten, dass sich die Follower sehr stark an gleichgeschlechtlichen Influencern und Influencerinnen orientieren”, sagt Kovarova-Simecek. Positiv sei zu erwähnen, dass es einige auf Frauen spezialisierte Pod- oder Videocasts gibt. Aber der Großteil der Finanzcasts stammt von Männern und wird auch von Männern gehört und gesehen. Hier ist also Nachholbedarf gegeben! 

zahlen und fakten

Zahlen & Fakten

5.2

zahlen und fakten
Prozent der Fonds weltweit werden von einer Frau gemanagt.

Ein Frauen gemanagter Fonds

Doch wie sieht es bei den Anlageprodukten selbst aus? Ist ein Fonds speziell für Frauen ein Thema? „Davon halte ich sehr wenig, denn der Kapitalmarkt ist für alle gleich“, sagt Kunrath. Anders sieht das Katharina Seiler. Sie gründete vor etwas mehr als zwei Jahren beim deutschen Fondsanbieter DWS den DWS Invest ESG Women for Women Fund (LU2420982006). „Die Idee für einen Fonds, der sich auf soziale Faktoren fokussiert, ist schon mehr als zehn Jahre alt. Damals war jedoch die Datenlage noch sehr dünn und daher schwer, Unternehmen mit Blick auf soziale Falktoren zu bewerten. „Ich wollte alle Fondsmanagerinnen unserer Aktienplattform zusammenbringen. Wir möchten Role Models sein und Frauen motivieren, ihren Vermögensaufbau selbst in die Hand zu nehmen. 2022 war die Zeit reif und es folgte der Markteintritt“, sagt sie.

Dass hier Aufholbedarf herrscht, zeigt der Alpha Female Report. Grundlage ist eine Datenbank von 18.015 aktiven Fondsmanagern, wovon gerade einmal 2.179 weiblich sind, was einem Prozentsatz von 12,1 Prozent entspricht. In derselben Datenbank sind 28.542 aktiv gemanagte Fonds gelistet. Gerade einmal 5,2 Prozent davon werden von einer Frau geleitet. Und 0,5 Prozent, oder 154 an der Zahl, von einem weiblichen Führungsteam. Europa zeigt konstante Führung im weiblichen Fondsmanagement. Spanien und Italien führen mit 21 bzw. 20 Prozent, gefolgt von Frankreich (18 Prozent), Schweden (17 Prozent), Luxemburg (13 Prozent), sowie Österreich und Finnland (jeweils 11 Prozent). Das Vereinigte Königreich und die USA liegen bei 11,8 bzw. 11 Prozent. Deutschland verzeichnet zuletzt einen leichten Anstieg des Frauenanteils unter den Fondsmanagern auf 7 Prozent.

Frauen legen Wert auf ESG

Investieren Frauen auch anders? Befragungen, wie die oben erwähnte Umfrage von RCM, zeigen, dass Frauen durchaus mehr Verantwortung bei der Geldanlage im Sinne von Nachhaltigkeit und ESG zeigen. Und auch bei den Kapitalanlagegesellschaften zeigt die Empirie, dass diverse Teams prinzipiell auch bei der Einschätzung von Risiken von Vorteil sind. Am Beispiel des von Katharina Seiler und den weiteren 11 Fondsmanagerinnen des DWS Invest ESG Women for Women Fund gibt es tatsächlich im ESG-Spektrum einen ethisch geleiteten Anlagefokus hinsichtlich Anti-Diskriminierung, unter anderem bezogen auf Religion und sexuelle Orientierung, Frauen in Führungspositionen oder dem Thema flexible Arbeitszeiten. Dabei nutzen die Fondsmanagerinnen durchwegs die eigene Investmentpower im Sinne eines Impact-Investors, der Veränderungen in den investierten Unternehmen in Gang setzen will. Bei einem Fondsvolumen von etwa 45 Millionen Euro mag dieser Impact zwar begrenzt sein, doch auch hier geht es oft darum, frauenspezifische Themen in Vorstandsgesprächen zu platzieren, erzählt Seiler dem Börsianer Grün. Oft fehlen ihr auch die Daten. „Gerade beim Pay-Gap bräuchte es einfach eine Verpflichtung, die Zahlen zu veröffentlichen“, sagt sie.

Diverse Ratings zeigen, dass im Bereich ESG-Thema „Social“ europäische Unternehmen im Vergleich zu amerikanischen die Nase vorne haben. Doch gerade bei einigen großen Playern wie Microsoft (US5949181045) oder Nvidia (US67066G1040) gab es zuletzt große Anstrengungen. Während andere ESG-Player wie etwa der E-Mobility-Gigant Tesla (US88160R1014) noch nicht einmal über frauenfördernde Richtlinien verfügen. Dies war auch mit ein Grund, dass das Unternehmen 2023 aus dem S&P 500 ESG Index flog. Investoren und Investorinnen wird das Thema also zunehmend wichtig.

Meine Grüne Rendite

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Zwischen Männern und Frauen gibt es noch immer einen Gender-Finance-Gap. Dieser hat mit einer schlechteren Vermögenssituation (gerechtere und transparentere Entlohnung ist hier ein dringendes Thema) zu tun, aber auch mit fehlenden Vorbildern. Hier müssen unternehmerische Initiativen, aber auch öffentliche Bildungsinitiativen ansetzen. Weibliche Finfluencer leisten hier einen Beitrag. Doch auch die Anlagebranche muss selbst weibliche Vorbilder schaffen. Über Quoten wird gestritten, aber sie können helfen. Auch diverse Initiativen, die Frauen gezielt als Peer-Group ansprechen, sind hier vielversprechend.
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