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Andrew Harnik / AP / picturedesk.com
Von Daniel Nutz
Killt Trump die Klimapolitik?
Das Leugnen des menschengemachten Klimawandels ist Teil von Donald Trumps Wahlprogramm. Was eine zweite Amtszeit bedeuten würde, welche Unternehmen davor zittern müssten und was gegen ein Comeback des polternden Republikaners spricht.
Februar 2024
ist Börsenexpertin und Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft (ÖAG).
ist Chief US-Economist von BNP Paribas.

„Was ist nur mit der globalen Erderwärmung passiert?“, lästert Donald Trump auf seiner eigenen Propagandaplattform Truth Social, nachdem 2023 ein Wintersturm die USA heimsuchte.

Wir sind mitten im Vorwahlkampf zu den US-Präsidentschaftswahlen. Und Trump spielt wieder einmal die Karte des Leugners des menschengemachten Klimawandels, der seiner Meinung nach von linken Spaßbremsen erfunden wurde.

Stopp der Klimapolitik

Was einigermaßen grotesk klingt, könnte der Welt zu einem ernsten Problem werden. Denn nützt Trump seine derzeit realistischen Wahlchancen, kündigt er ganz offen an, die große grüne Transformation der Wirtschaft abzudrehen, welche der amtierende Präsident Joe Biden unter dem Inflation Reduction Act (IRA) in Gang gesetzt hat. Dabei wird die Ökologisierung im Sinne einer Treibhausgasreduzierung mit Subventionen und Steuererleichterungen in der Höhe von rund 400 Milliarden US-Dollar vorangetrieben.

Was bedeutet das fürs Weltklima? Nichts Gutes, wie Börsenexpertin Monika Rosen im aktuellen Podcast von Börsianer Grün ausführt. „Ein Präsident Trump würde aus dem Pariser Klimaabkommen austreten, das hat er ja bereits nach seiner Wahl 2016 getan“, sagt Rosen, die als Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft (ÖAG) eine profunde Kennerin der USA ist. Klarerweise käme Bidens IRA unter Druck. Wobei hier einige Kniffe zu beachten sind.

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Die sogenannten Soccer-Moms, die Fußballmammis in den Vorstädten, die müssen für Trump stimmen. Und der Sturm aufs Kapitol und ähnliche Ausritte sind da nicht hilfreich.
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Monika Rosen

Auch Republikaner profitieren vom IRA

„Es wurden bereits viele Investitionen getätigt. Die könnte ein Präsident Trump auch nicht rückgängig machen“, sagt Rosen und fügt noch einen weiteren zentralen Punkt an: „Trump müsste auch Investitionen in republikanischen Bundesstaaten zurückfahren. Es gibt Schätzungen, dass bis zu 80 Prozent dieser Unterstützungsgelder in Bundesstaaten gehen, die zumindest tendenziell republikanisch wählen.“ Es stellt sich die Frage, ob er es sich mit seinen eigenen Leuten verscherzen will, so Rosen.

Zu fürchten hätte der Bereich Clean-Tech und erneuerbare Energien, in dem die USA mittlerweile einige der zentralen Player am Weltmarkt stellen, wie etwa Sunrun (Isin: US86771W1053) Enphase Energy (US29355A1079) oder Ormat Technologies (US6866881021).

Parlamentsmehrheit notwendig

Wie kräftig Trump das Rad der Zeit im Falle seiner Wiederwahl zurückdrehen könnte, wird auch von den US-Parlamentswahlen, die gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen am 5. November 2024 stattfinden, abhängen. Derzeit gilt es als unwahrscheinlich, dass die Republikaner um Trump die Präsidentenwahlen und gleichzeitig auch die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus erringen könnten. Bliebe zumindest eine Kammer des Parlaments unter demokratischer Kontrolle, würde Trump die Rücknahme des IRA erheblich erschwert. Die Finanzmarktexperten von BNP Paribas haben sich unterschiedliche Szenarien angesehen und durchgedacht. Demnach gibt es drei verschiedene Ableitungen, die wie folgt aussehen.

Demokratischer Präsident mit oder ohne ParlamentsmehrheitFortsetzung des Schwerpunkts auf Klimapolitik
Republikanischer Präsident und Mehrheit in nur einer oder keiner ParlamentskammerRücknahme von Maßnahmen, die das Klima schützen
Republikanischer Präsident und Mehrheit in beiden ParlamentskammernTotale Abkehr von regulatorischen Beschränkungen, Emissionszielen und Programmen für saubere Energie.

Übrigens führt Carl Riccadonna, Chief US-Economist von BNP Paribas auch einen etwas launigen Indikator ins Feld, der für eine Wiederwahl von US-Präsident Joe Biden spricht. Der sogenannte Misery Index (auf Deutsch so etwas wie Lebensindex) misst die Arbeitslosenrate und Inflation am Beginn und am Ende einer Amtszeit eines Präsidenten. Sinkt dieser kombinierte Wert, dann steht einer Wiederwahl meistens nichts im Wege. Bidens Index ist derzeit positiv.

Trump braucht Teil der Mitte

Nicht nur wegen des Misery Index würde auch Monika Rosen nicht unbedingt auf Trump setzen. „Er braucht auch Stimmen aus der Mitte der Gesellschaft und nicht zuletzt die Stimmen der Frauen. Die sogenannten Soccer-Moms, die Fußballmamis in den Vorstädten, die müssen für ihn stimmen. Und der Sturm aufs Kapitol und ähnliche Ausritte sind da nicht hilfreich aus seiner Sicht.“

Rosen weist auf die schlechten Umfragewerte des amtierenden Präsidenten Joe Biden hin, hier lesen, auch die Wirtschaftspolitik wird von einer Mehrheit abgelehnt. Die Chance Trumps liegt also in der Schwäche des alten und wenig Esprit versprühenden Amtsinhabers. Erfährt Biden hier recht? Eigentlich stehen die USA in vielen makroökonomischen Indikatoren, wie Arbeitslosenrate, Inflation, Wirtschaftswachstum im Vergleich mit anderen Industrieländern nicht schlecht da. Rosen glaubt, dass auslaufende Corona-Hilfen – wie etwa das Auslaufen diverser Steuererleichterungen – hier noch eine Rolle spielen. Die Leute hätten das Gefühl, dass sich ihre Lebenssituation verschlechtert. Dabei würde es ihnen gar nicht so schlecht gehen.

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Exportbranche zittert

Am alten Kontinent Europa geht derzeit eine konkretere Angst als noch vor acht Jahren um. Damals – beim ersten Antreten Trumps – glaubten wenige, dass dieser die teils wirren, aber auch kämpferischen Ansagen seines Wahlkampfes auch gedenkt umzusetzen. Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Unicredit Bank Austria sagt zwar: „Derzeit ist unklar, welche Maßnahmen Trump setzen würde.“ Doch die Frage ist eigentlich nur, welche verhindert werden. In seinem Wahlkampfprogramm steht, dass er zehn Prozent Zoll auf europäische Güter einheben würde, auf chinesische wären es gar 60 Prozent sein. Für die Exportindustrie hieße das nichts Gutes. In Österreich haben die USA eben erst Deutschland als zweitwichtigstes Exportland verdrängt. In Deutschland sind die USA schon längst der wichtigste Handelspartner. In der Schweiz liegen die USA mit Deutschland in Sachen Außenhandel quasi gleich auf.

Gerade Exporte für den Bereich saubere Energie könnten es aus Europa schwer haben. Zumal eine Abkehr von Bidens Klimapolitik auch mit einem noch stärkeren Protektionismus einherginge – der allerdings bereits unter Bidens IRA sehr ausgeprägt ist. Dies könnte eine einschneidende Wirkung haben, da die Exportquote im Bereich der Umwelttechnologien etwa in Österreich mit 89 Prozent deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Exportquote von 56 Prozent liegt. Und auch alle sich in Transformation befindlichen Unternehmen, die gerade Emissionen reduzieren, würden vor neuen Herausforderungen stehen, wenn ihre US-Mitwerber CO2 ohne Ende emittieren dürften. Eine Antwort der EU mit Klimazöllen auf US-Importe wäre die Konsequenz. 

Opposition aus Kalifornien

Doch auch wenn Trump es tatsächlich nach Grover Cleveland als zweiter US-Präsident schaffen sollte, nach seiner Abwahl nochmal ins Amt gewählt zu werden, gibt es noch Hoffnungen auf eine progressive Klimapolitik in den USA. So rechnet die deutsche Stiftung Wissenschaft und Politik damit, dass demokratisch dominierte Bundesstaaten wie etwa Kalifornien eigenständig besonders ambitionierte Klimaziele verfolgen könnten und so eine gewisse Opposition zum Bund gehen könnten. Für den Kampf gegen den weltweiten Klimawandel ist ein Mitwirken der USA als stärkste Treibhausgasverursacher jedenfalls unerlässlich, wie diese Grafik zeigt.

Meine Grüne Rendite

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Bei einem Comeback Donald Trumps ins Oval Office würde der US-Clean-Tech-Sektor und die Erneuerbaren unter Druck geraten. Trump würde versuchen, den Inflation Reduction Act (IRA) des amtierenden Präsidenten Joe Biden zu Grabe zu tragen. Dies könnte er aber nur mit einer unwahrscheinlichen Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments tun.
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Die Börsianer Grün Redaktion

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