Eine finanzielle Rendite reicht vielen Anlegern nicht mehr. Ihre Investitionen sollen auch gut für die Umwelt und die Gesellschaft sein. Impact Investing nennt sich diese Form der Geldanlage. Doch noch befindet sich der Finanzmarkt in einer Phase, in der „die Messbarkeit von Impact nicht in der notwendigen Qualität und Quantität gegeben ist“, stellt der Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen fest. Die Impact-Washing-Falle lauert: Vielfach bleibe es bei Wirkungsversprechen, die nicht hinreichend belegt werden können. Beabsichtigt oder unbeabsichtigt.
Impact Investments: Nebenwirkungen erwünscht
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Das sorgt für Verunsicherung bei Anlegern und bringt Finanzinstitute in Erklärungsnot. 2021 klagte der Konsumentenschutzverein Baden-Württemberg eine große deutsche Investmentgesellschaft. Sie warb auf ihrer Homepage mit einem Impact-Rechner für einen Aktienfonds. Der Eindruck entstand, dass Anleger mit einem Investment von 10.000 Euro 575 Kilogramm CO2 einsparen können. Das Dilemma: „Auf der einen Seite versucht man für Kunden greifbar zu machen, was man tut. Aber man darf nichts ausrechnen, was in dieser Form nicht darstellbar ist“, erklärt Wolfgang Pinner, der Nachhaltiges Investieren bei der österreichischen Raiffeisen Capital Management leitet.
„Das ist ehrliches Marketing“
Das Problem ist die Kausalität: „Selbst, wenn ein Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck verbessert, kann man diese Verbesserung nicht auf ein Aktieninvestment zurückführen“, sagt Edda Schröder, Gründerin des Impact-Investors Invest in Visions zum Börsianer Grün. DWS-Fondsmanager Paul Buchwitz ist das bewusst:
Man dürfe Kunden nicht zu viel zu versprechen, betont Buchwitz: „Wir können zwar nicht genau sagen, was wir erreicht haben. Aber wir können sagen, was wir gemacht haben: Wie viele Gespräche wir geführt haben. Wie oft wir das Unternehmen angeschrieben haben, bei Hauptversammlungen abgestimmt haben und was wir dort gesagt haben. Das ist ehrliches Marketing.“ Anlegern rät Buchwitz, immer ins Verkaufsprospekt zu schauen, weil es rechtlich bindend ist. Hier steht etwa, ob der Fondsmanager Ausschlusskriterien definiert hat, also zum Beispiel nicht in Atomkraft und Kohle investiert. „Hat das eine Wirkung? Beziffern kann man sie jedenfalls nicht“, so der DWS-Fondsmanager zum Börsianer Grün.
4.000 Hühner für ein besseres Leben
Wer mit seinem Geld einen direkten und messbaren Impact erzielen will, dem stehen etwa grüne und soziale Anleihen und Waldinvestments offen. Die Investition fließt in ein im Vorhinein definiertes Projekt. Auch Mikrofinanzfonds sind Investments mit messbarem Impact. Dabei geht das Geld als Darlehen an Kleinbanken. Diese vergeben Kleinstkredite an Menschen, die sonst keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. Weil sie arm sind, weil sie außerhalb des Zentrums leben oder weil ihnen die Bonität fehlt.
„Dort geht der Banker noch raus, um mit den Leuten zu sprechen. Das Geld wird oft händisch ausgezahlt“, sagt Schröder. Die Gründerin von Invest in Visions gilt in Deutschland als Pionierin auf dem Gebiet von Mikrofinanzfonds für Privatanleger. „Ich habe in Kambodscha ein Geschwisterpaar erlebt, dass mit 5.000 US-Dollar innerhalb von drei Monaten eine Farm mit 4.000 Hühnchen aufgebaut hat“, erzählt Schröder.
Die jährliche Rendite von Schröders Mikrofinanzfonds liegt seit der Auflage im November 2011 durchschnittlich bei rund 1,85 Prozent. Im gleichen Zeitraum legte der MSCI World eine Performance von rund 13,13 Prozent hin. „Impact-Investments sind eine interessante Beimischung, aber wahrscheinlich ist der Kernbereich eines Portfolios dort nicht zu finden. Außer man ist extrem reich“, sagt Pinner. Das Angebot für Privatanleger ist ohnedies überschaubar. In Österreich können sogar nur institutionelle Investoren ihr Geld in Mikrofinanzfonds anlegen.
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Wirkungsorientiert verwirrt
In der Finanzbranche besteht große Uneinigkeit darüber, wie man verlässlich einen Impact-Fonds erkennt. Denn alle verstehen etwas anderes unter Impact. Nach der EU-Offenlegungsverordnung müssen Artikel-9-Fonds ein explizites Nachhaltigkeitsziel verfolgen. Oft werden sie als Impact-Fonds bezeichnet. Dabei kommt das Wort Impact in Artikel 9 der Verordnung gar nicht vor, eine Definition sucht man vergebens. Schröder findet, dass eine Artikel-9-Kennzeichnung noch nicht ausreiche, man müsse genauer hinschauen. „Die Regulatorik muss endlich verbindlich klarstellen, was Impact heißt“, sagt sie und fürchtet um das Image von Investments mit direktem, messbaren Impact.
Pinner ist der Meinung, dass alle Artikel-9-Fonds und sogar einige Artikel-8-Fonds eine positive Wirkung erzielen. Der deutsche Fondsverband BVI will daher eine weitere Kategorie einführen: „Artikel 8 Plus“ soll sie heißen. „Direkter Impact hat eine positive Wirkung, die man messen kann. Indirekter Impact richtet nur keinen Schaden an, etwa über Ausschlusskriterien. Das kann man schwer messen“, sagt etwa Günther Kastner, der Impact Asset Management gründete.
„Viele Unternehmer überschätzen ihren Impact“
Das Problem mit der fehlenden Vergleichbarkeit gibt es auch bei Wagniskapitalgebern: „Ein Investor, der sich fünf Venture Capital Fonds anguckt, hat keine Chance zu verstehen, wo er den größten positiven Impact erreicht”, kritisiert Lena Thiede. Sie ist Partnerin bei Planet A Ventures. Als erster europäischer Wagniskapitalgeber hat Planet A ein eigenes wissenschaftliches Team an Board, um Impact zu messen.
Die EU-Offenlegungsverordnung gehe in die richtige Richtung, aber: „Wir brauchen einen Standard, damit jeder Venture Capital Fonds offenlegt, welche Wirkung seine Investitionen auf die Umwelt haben“, so Thiede. Ihr Rat an Startups ist, ihre Wirkung möglichst früh zu berechnen: „Viele Unternehmer überschätzen ihren Impact. Es hilft enorm, nicht nur den Claim zu haben, dass du grün bist, sondern auch die quantitative Evidenz.“
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